Botschafter in Bern
S. D. Prinz Stefan von und zu Liechtenstein
exclusiv im Interview mit
S. D. Prinz Stefan
von und zu Liechtenstein
Botschafter in Bern
• Durchlaucht, wie sieht die
Zusammenarbeit zwischen dem
Fürstentum und dem Gastland
Schweiz aus?
Liechtenstein unterhält seit 1944 eine Botschaft in Bern. Genauer
gesagt, war es von 1944 bis 1969 eine Gesandtschaft und seither eine
Botschaft. Die Beziehungen zwischen Liechtenstein und der Schweiz sind
seit jeher besonders eng. Seit 1919 vertritt die Schweiz die Interessen
Liechtensteins auf diplomatischer und konsularischer Ebene in der Welt,
jedenfalls überall dort, wo Liechtenstein nicht selbst vertreten ist.
1923 ist Liechtenstein - wie Sie wissen - durch den Zollvertrag ein
ganz spezielles wirtschaftliches Bündnis, eine Partnerschaft, mit der
Schweiz eingegangen. Übrigens, lange vor der Geburtsstunde der
Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, aus der sich dann die EG
und die heutige EU entwickelten. Alle Bereiche der Zusammenarbeit
zwischen Liechtenstein und der Schweiz aufzuzählen, gar kurz zu
beschreiben, würde den Umfang dieses Magazins sprengen. Einige kennen
wir aus dem täglichen Leben. Ich erwähne nur den Währungsvertrag mit
der Schweiz, der seinen 25. Geburtstag feiern durfte. Und laufend
kommen neue Vereinbarungen zwischen den beiden Staaten hinzu. Zuletzt
im Asylbereich und demnächst im Bereich der Zusammenarbeit bei
Katastrophen. Insgesamt kann man sagen, dass seit dem Beitritt
Liechtensteins zum EWR diese Zusammenarbeit noch intensiver geworden
ist. Ich denke, zum Wohle aller. Aber auch auf der internationalen
Plattform arbeiten die beiden Staaten eng zusammen. So lancierten
Liechtenstein und die Schweiz kürzlich einen Vorschlag zur Verbesserung
der Arbeitsmethoden im Sicherheitsrat der UNO, der vielfach Anerkennung
findet. Es gibt auch einen engen Austausch in allen anderen
internationalen Organisationen. Ich muss hier abbrechen, aber Sie
sehen, es könnte noch viele Seiten so weiter gehen.
• Eine Frage, die man manchmal hört:
Wenn zwei Staaten so eng miteinander
verbunden sind, braucht es dann
noch Diplomaten?
Durchlauch, wie ist Ihr Eindruck
von der Diplomatie überhaupt?
Seit 2001 bin ich Diplomat für Liechtenstein, davor war ich als
Investmentbanker tätig und auch einige Zeit als Selbstständiger im
Tourismus. Ich bin also ein so genannter Quereinsteiger. Ich hatte
natürlich gewisse Vorstellungen von der Diplomatie. In diesen letzten
fünf Jahren hat sich meine Meinung aber grundlegend geändert. Man will
von einem Staat nicht nur eine e-mail-Adresse und eine Telefonnummer
kennen, sondern ein Gesicht. Das Gesicht ist das Staatsoberhaupt, die
Regierung und eben auch die Diplomatinnen und Diplomaten. Die
Diplomatie stellt dabei in vielen Fällen das konstante Element in den
internationalen Beziehungen dar. Wer weiss, wie viele Krisen auf dieser
Welt bereits durch die berühmten «informellen Abklärungen» unter
Botschaften verhindert worden sind? Einmal ganz abgesehen davon, dass
Liechtenstein vermutlich einen der effizientesten diplomatischen
Apparate der Welt hat - denken Sie nur, dass 22 Diplomatinnen und
Diplomaten in Vaduz und in den acht Botschaften zusammen für
Liechtenstein die ganze UNO-, EWR/EFTA- und Europaratsarbeit abwickeln
und dazu noch die bilateralen Beziehungen pflegen. Die Tätigkeit ist
unglaublich vielseitig, spannend und interessant. Aber sie ist auch
eine grosse Herausforderung für die betroffenen Familien, besonders für
die Ehepartner. In vielen Ländern sind die Scheidungsraten bei
Diplomaten deutlich höher, als sowieso schon in der Gesellschaft. Das
kommt sicher nicht daher, dass man ein zu ruhiges Dasein führt. Wenn
für viele andere der Feierabend beginnt, geht der Job
für die Diplomatinnen und Diplomaten weiter. Der Tag könnte ruhig 36
Stunden haben. Das Wort Überstunden muss ein Fremdwort sein. Ein
Diplomat dient seinem Land. In wie vielen Berufen gibt es das noch in
dieser Form?
• Durchlaucht, was ist die
oder eine wesentliche Aufgabe
der liechtensteinischen Diplomatie
und ist «Diplomatin» oder «Diplomat»
ein interessanter Beruf für junge Leute?
Liechtenstein leistet gute, ich würde gerne sagen hervorragende Arbeit
auf dem internationalen Parkett. Ich erlaube mir das deshalb so zu
erwähnen, weil ich als relativer Neueinsteiger noch ein bisschen etwas
von der Sicht von aussen habe. Eine unserer wichtigsten Aufgaben als
Diplomatinnen und Diplomaten für Liechtenstein ist auch, Liechtenstein
im Ausland bekannter zu machen. Das Land hat seine Kommunikation nach
aussen sehr professionalisiert und kommuniziert aktiv. Daneben müssen
wir immer wieder auch Krisenmanager sein, Missverständnisse ausräumen,
Liechtensteinerinnen und Liechtensteinern im Ausland - direkt oder
indirekt über die Schweizer Kanäle - zur Seite stehen. Als Diplomatin
oder Diplomat lernt man die Hintergründe zu dem kennen, was man am
nächsten Tag in der NZZ oder in der Herald Tribune liest. Man sieht
Zusammenhänge und lernt faszinierende Menschen kennen. Ich denke, dies
alles ist für junge Leute sehr spannend.