Zum Inhalt springen


Aktuell

«Die Handbremse muss gelöst werden!»

S.D. Erbprinz Alois
von und zu Liechtenstein über aktuelle
Fragen zur geplanten Schulreform

Die Reform unseres Schul- und Bildungswesens - so nötig wie umstritten sie inzwischen
geworden ist - gehört zu den aktuellsten Diskussionsthemen, die Liechtenstein derzeit beschäftigen. Zu den ersten, die das Thema schon vor geraumer Zeit aufgegriffen und die Politik zum Handeln animiert haben, zählt Seine Durchlaucht Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein. Mit ihm führte Walter-Bruno Wohlwend das nachstehende Gespräch:

exclusiv: Durchlaucht, nachdem die ersten Profilentwürfe der Sekundarschulen vorgestellt wurden, ist die Diskussion um das Projekt SPES I wieder voll entbrannt. Ist die Einführung von Profilschulen wirklich eine sinnvolle Reform für Sekundarschulen?

Erbprinz Alois von Liechtenstein: Die Einführung von Profilschulen ist grundsätzlich sehr gut, weil dadurch Autonomie für die Schulen und eine freie Schulwahl erreicht würde. Beides ist unbedingt notwendig, um die Strukturen unseres Schulwesens wesentlich zu verbessern.

exclusiv: Bringt das Projekt SPES I aber genügend Autonomie und Wahlfreiheit? Erhält das Gymnasium nicht ein viel zu enges Korsett an Vorschriften und kann man von Autonomie sprechen, wenn 80% des Curriculums vom Staat vorgegeben wird?

Erbprinz Alois von Liechtenstein: Leider wird die Autonomie dadurch tatsächlich unnötig beeinträchtigt. Beim Gymnasium hätten auch weniger einschränkende Bestimmungen genügt, um sicherzustellen, dass dieses bei freier Schulwahl nicht überlaufen wird. Holland zeigt, dass es ausserdem nicht notwendig ist, ein umfassendes Curriculum vorzugeben. Denn die Schulen haben von sich aus Interesse, den Grundlagenstoff zu unterrichten. Dieser ist ja schliesslich Voraussetzung für den Erfolg an weiterführenden Schulen oder im Arbeitsleben.
Die bisherigen Vorgaben an das Gymnasium und das Pflichtcurriculum dürften jedoch noch genügend Spielraum erlauben. Alles hängt jetzt von einer grosszügigen Handhabung durch das Schulamt und die Regierung ab. Das Projekt wurde unter anderem aus Angst vor den Real- und Oberschulen mit angezogener Handbremse gestartet. Entscheidend für den Erfolg des Projektes ist es, die Handbremse in Zukunft zu lösen.

exclusiv: Eine Kritik am Projekt SPES I lautet, dass unklar ist, was die Profile bedeuten und wie die Schulübertritte in Zukunft funktionieren. Besteht da nicht ein Problem?

Erbprinz Alois von Liechtenstein: Ja. Wir müssen aufpassen, dass das Projekt nicht unnötig kompliziert und dadurch von der Bevölkerung nicht verstanden wird. Wenn wir die Handbremse lösen, wären eigentlich nur folgende Schritte notwendig:
• Jede Schule erhält weitgehende Autonomie. Das Schulamt beschränkt sich darauf, das Einhalten des Pflichtcurriculums durch Standardtests am Ende der Sekundarschule sicherzustellen. Es sollte keine detaillierten Vorgaben mehr machen, wann und wie jedes Fach genau zu unterrichten ist. Allenfalls könnten in der Anfangsphase noch zusätzliche Tests während eines jeden Schuljahres durchgeführt werden, um die Projektfortschritte in diesem Zeitraum genauer mitverfolgen zu können.
• Gleichzeitig werden die Schulen mit geeigneten Führungsstrukturen ausgestattet: eine fähige Schulleitung, unterstützt und kontrolliert durch einen Stiftungs- und Verwaltungsrat, der aus Experten  mit unterschiedlichen Erfahrungen und Fähigkeiten wie Pädagogen, Unternehmer und Ärzte zusammengesetzt ist.
• Die Schüler bzw. Eltern können die Schulen frei wählen. Im Gegenzug dürfen die Schulen die Aufnahme durch Aufnahmeprüfungen oder andere geeignete Mittel einschränken, damit sie nicht  überlaufen werden und dadurch in Schwierigkeiten kommen.
• Die Schulen entwickeln daraufhin ihr Profil in ihrer eigenen Geschwindigkeit, mit ihren eigenen Experten. Das Schulamt wird zwar informiert und kann seinen Input geben, darf aber nur einschreiten, wenn grobe Fehler geschehen. Dadurch entstehen Profile, die durchdacht, von den einzelnen Schulen getragen und weiterentwickelt werden.
• Schliesslich ist es dann Aufgabe der Schulen, die Schüler und Eltern, die Lehrer der Volksschulen, aber auch die breite Öffentlichkeit genau und umfassend über ihre Profile zu informieren.

exclusiv: Wäre es nicht sinnvoll, möglichst bald auch Bildungsgutscheine einzuführen?

Erbprinz Alois von Liechtenstein: Ja. Sollte es wirklich zu Autonomie und freier Schulwahl kommen, ist zwangsläufig eine Umstellung von einer Objekt- auf eine Subjektfinanzierung nötig.
Die Schüler werden dann nicht mehr den Finanzströmen folgen, sondern die Finanzströme sollten vernünftigerweise den Schülern folgen. Dadurch würde sich eine hervorragende Gelegenheit ergeben, auf Bildungskonten umzustellen, die ähnlich wie Bildungsgutscheine die Chancengleichheit erhöhen, aber noch zusätzliche Vorteile bringen und gleichzeitig auch für Kleinkindbetreuung sowie Erwachsenenbildung genutzt werden könnten.     

 text: Walter-Bruno Wohlwend, foto: © exclusiv
                                  

Footer

exclusiv