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Vaduz

Helmut Ditsch schafft reale Kunst
Helmut Ditsch: «Ein Gemälde zu machen ist nicht einfach etwas abzuzeichnen.»

Helmut Ditsch, zurück von einer Reise in Ihre Heimat haben Sie bestimmt unendlich viele Eindrücke im Gepäck. Was war der Grund und wohin in Argentinien hat Sie Ihre Reise geführt?
Helmut Ditsch: Meine Reise war eine Studienreise im Auftrag der argentinischen öffentlichen Universität für eine wissenschaftliche Studie mit Themen über die Ästhetik der Natur.
Warum wissenschaftlich werden Sie nun fragen. Weil die Beobachtung die Frage zulässt, welche Aufgaben hat die Ästhetik in der Natur. Offensichtlich sind die Blumen nicht da, um das Leben einer Biene zu  dekorieren, und so sind auch die Berge nicht da, um das Leben von den Menschen zu dekorieren. Und auch wenn die Blume in Konkurrenz mit anderen Blumen zur Fortpflanzung sich einen Kampf der Ästhetik liefert, und auch bei uns Menschen die Ästhetik als Naturgesetz der Fortpflanzung dient, ist da diese wichtige Komponente, die Evolution des Geistes. Hätten wir die Sensibilität nicht, das zu erkennen, würden wir uns nicht weiterentwickeln können. So war diese Reise für mich wiederum eine Lehre, dass es immer wieder von vorne beginnt, wenn ich in die Natur gehe. Hier entdecke ich diese wunderbare Verführung, die meinen Geist vorantreibt und mir sagt, du kannst nicht nur Mensch bleiben. Und so erklärt sich der Satz von Zarathustra: «Der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll.» Der Übermensch ist der Sinn der Erde, das heisst, Übermensch ist also dessen Kunst oder dessen Wissenschaft oder dessen Liebe, alles was über den Menschen hinaus wächst. Meine Reise in Argentinien hat sich auf Patagonien konzentriert und auf die Ruta Nacional 40, die längste Nationalstrasse Argentiniens. Grosse Strecken der Strasse sind Geröll, wie in einem Flussbett und viele Streckenabschnitte sind nur mit geländegängigen Fahrzeugen befahrbar. Dazu kommt noch, dass Patagonien sehr dünn besiedelt ist. Die mittlere Bevölkerungsdichte liegt bei etwa zwei Einwohnern pro Quadratkilometer.

Welche Wahrnehmungen entstehen in diesen weitgehend unbeeinflussten Naturlandschaften?
Speziell von dieser Reise habe ich für mich wahrgenommen, was steile Berge auf mich produzieren. Das heisst Cerro Torre Fitz Roy, eine sehr berühmte Kletter- gegend, hat bei mir eine ganz andere Aussage hinterlassen als ein paar tausend Kilometer weiter nördlich das Hochplateau auf 4'500 Meter über dem Meer. Ich erhielt einen ganz unterschiedlichen geistigen Input als bei den enormen Bergwänden, die einen Schrei an den Geist geben, sie schreien nach einer geistigen Aktivität im Gegensatz zu dieser absolut sanften und ruhigen Botschaft, die mir bei den unglaublich weichen Formen der erodierten, schon gelöschten Vulkane in der Hochebene übermittelt wurde.

 

Wie entsteht aus den Eindrücken der Reise ein Bild?Auf der Reise fotografiere ich vor allem mit meinen Augen, das heisst, ich dokumentiere mit meiner ganzen Sensorik, welche dreidimensional gespeichert wird. Informationen, die ich zusätzlich erhalte, z. B. der Mangel von Sauerstoff in der Höhe, die dadurch entstehende Trägheit des Körpers, die mich sehr ruhig werden lässt, und auf der anderen Seite ein sehr hoher Herzrhythmus... das sind Situationen, die ich dokumentiere. Im Atelier entsteht dann die Materialisation oder die Kristallisation dieser Erfahrungen. Das Ganze auf die Leinwand zu bringen ist wiederum wie eine Reise, die mit dem ersten Pinselstrich beginnt.

Die glücklichste Phase kommt bei der Schöpfung der Gemälde. Ich war auf meiner Reise verliebt in die Natur. Ich genoss eine Zeit des verliebten Zustandes, aber jetzt zurück, möchte ich meinen Liebesbrief schreiben, dieser Liebesbrief ist die Malerei, die ich dann erzeuge. Das heisst und da sehen wir, wie die Ästhetik in Wirklichkeit funktioniert, in der Natur und zwischen den Menschen. Wir verlieben uns in die Natur oder einen Menschen, erleben die Verführung der Ästhetik, die uns zwingt, mit unserem Geist aktiv zu werden. Dieser Zustand veranlasst uns Liebesbriefe und Gedichte zu schreiben, Lovesongs zu komponieren, Kunstwerke zu gestalten und Bilder zu malen. Nun kannst du sagen, es wurden bereits schon so viele Lovesongs komponiert und Liebesbriefe geschrieben, dann antworte ich, ja aber die Notwendigkeit für etwas Neues ist immer wieder da. Deswegen wird die Kunst auch nie enden. Solange wir uns als Menschen empor entwickeln möchten, wird es Kunst geben.

Eine enorme Arbeit und eine grosse künstlerische und körperliche Herausforderung liegt nun vor Helmut Ditsch. exclusiv wird weiter über die Entstehung seiner Kunstwerke berichten.
Helmut Ditsch: «Ich bringe eine europäische Sicht in meine Bilder, denn ich male sie in Europa, in Liechtenstein, in einem Land der Berge, wo eben dieses Bewusstsein für mich ganz deutlich ist. Es ist ein Teil argentinische Kunst, weil ich in Argentinien geboren bin, aber letztendlich male ich hier. Es wird zu Liechtensteiner Kulturgut.
             
Wie ich in meinem ersten Interview mit exclusiv bereits erwähnte, habe ich mein Atelier geöffnet, es ist für alle zugänglich. Nicht die Galerie lädt ein, ich lade ein. Und damit Sie mich auch sicher in meinem Atelier antreffen, bitte ich um Anmeldung.»                                              

Terminvereinbarung für einen Besuch bei Helmut Ditsch im Atelier per Mail unter: atelier@helmut-ditsch.com

 fotos: atelier ditsch / exclusiv + text: © exclusiv
                 

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