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Fortsetzung von Seite 21

Liechtensteinisches Landesmuseum

Religion u. a. vermitteln heute wieder Sicherheit in einer Welt, die uns zunehmend Flexibilität, Mobilität und ständige Anpassungsleistungen abfordert. Versingelung, Vereinsamung und Anonymität werden uns als Preis einer sehr beschleunigten Lebensweise bewusst, was vielfach zu Verunsicherungen führt. Wurden seit den 1960er-Jahren viele Ordnungen relativiert, so bestehen jetzt an manchen Stellen kulturelle Defizite.
Auch wenn wir als postmoderne Individuen in den Strukturen einer ländlichen Vergangenheit der letzten Jahrhunderte wohl nicht lange leben wollten oder könnten, so können wir doch das Gute daraus übernehmen und aus dieser Rückbesinnung unsere Zukunft gestalten.
Faszinierend bleibt die Begegnung mit einer Welt, die bereits nach zwei oder drei Generationen in Teilen nicht mehr zum Alltag gehört und neu zu entdecken ist. Was haben die Trachtenfrauen von damals erlebt, was haben sie gefühlt, wie haben sie ihr Leben gemeistert?

exclusiv: Frau Marxer, Sie sind die Präsidentin der Liechtensteinischen Trachtenvereinigung. Welche Bedeutung hat für Sie die «Tracht» und die damit verbundene Tradition?
Astrid Marxer: Für mich ist Tracht und Tradition eng verknüpft mit Heimat und Identität. Die Tracht ist das Kleid der Heimat. Sie ist ein Festgewand und wird bei uns auch mehrheitlich zu festlichen Anlässen auf Gemeinde- und auf Landesebene getragen. Unsere Tracht hat eine Tradition und wird deshalb auch nicht verändert oder der Mode angepasst. Wenn wir die Tracht tragen symbolisieren wir auch sehr schön die Verbundenheit mit unserem Land Liechtenstein, dem Fürstenhaus und dem Brauchtum unserer Region. Wir reden hier vom kulturellen Erbe unserer Vorfahren, das wir in den elf Trachtenvereinen und Trachtengruppen bis heute mit dem Tragen der Liechtensteiner Landestracht oder der Triesenberger Walsertracht aktiv pflegen.
Da ich die Tracht schon fast mein Leben lang trage, könnte ich mir ein Leben ohne die Tracht und die damit verbundenen jährlichen Anlässe nicht vorstellen. Die Tracht wird mich mein Leben lang begleiten.

Können Sie unseren Leser/innen einen Eindruck
zur Ausstellung «Glanz im Fluss der Zeit – Ländlicher Schmuck und Tracht im Lebenslauf» geben?
Die Liechtensteinische Trachtenvereinigung freut sich sehr, dass diese Ausstellung im Landesmuseum in Vaduz gezeigt wird. Gleichzeitig sind wir auch sehr gespannt auf diese sicherlich wunderschönen Schmuckstücke und die vielen Trachten aus den verschiedensten Regionen. Ein interessanter Aspekt wird auch sein, die einzelnen Trachten im Lebenslauf zu sehen. In Liechtenstein tragen wir z. B. alle die gleiche Radhaube, unabhängig ob ledig oder verheiratet – dies ist in anderen Gegenden sehr unterschiedlich und wird in der Ausstellung dann auch zu sehen sein. Wir freuen uns und sind gleichzeitig auch stolz, dass wir mit der Liechtensteiner Landestracht und der Triesenberger Walsertracht diese Ausstellung mit unseren heimischen Trachten ergänzen dürfen.

Zur Ausstellung erschien ein reich illustrierter Katalog
mit ausführlichen Informationen. Können Sie uns darüber etwas erzählen?
Ich bin wirklich überwältigt von der Vielfalt der Schmuckstücke und der verschiedenen Trachten, die im Katalog beschrieben und mit wunderschönen Fotos ergänzt wurden. Diese einzigartigen Raritäten sehen in Natura sicher noch viel schöner aus und wir dürfen gespannt sein auf eine tolle Ausstellung.

Inspiriert durch soviel Schönheit, Vielfalt und Kultur stellt sich noch die Frage, wie kann man der Liechtensteinischen Trachtenvereinigung beitreten?
Das ist ganz einfach – man meldet sich bei den Präsidentinnen oder dem Präsidenten der Trachtenvereine und Trachtengruppen in der Gemeinde. Bei verschiedensten Anlässen, bei denen die Trachten mit dabei sind, bietet sich hierfür sicher Gelegenheit oder man kann sich auch bei der Liecht. Trachtenvereinigung melden und wir vermitteln dann gerne den Kontakt.
Mitzubringen ist die Freude eine Tracht zu tragen und einem Trachtenverein beizutreten. Die Schönheit der Tracht spricht für sich selbst und wir freuen uns, wenn sich Interessierte melden. «Kumm zu üs und träg Tracht!»

Wir bedanken uns bei Mag. Irene Steiner und Astrid Marxer für das Interview.

Die Sonderausstellung im Liechtensteinischen Landesmuseum «Glanz im Fluss der Zeit – Ländlicher Schmuck und Tracht im Lebenslauf» dauert bis Sonntag, 20. September 2020.
Mehr Informationen unter: www.landesmuseum.li
Der Katalog zur Ausstellung, kann im Shop des Liechtensteinischen Landesmuseums für CHF 15.00 bezogen werden.

text: © exclusiv

Demi-Parure aus Niedersachsen, Halsgeschirr, Brosche, Silber verg., Glassteine, originale Montierung auf Stoff und Spitze, Initialen der Trägerin, Ende 19. Jh.

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