Staatsfeiertag
S.D. Prinz Philipp von und zu Liechtenstein
«Die Zeit
des Bankgeheimnisses ist vorbei», hiess es am 2. April 2009 in London.
Spät in der Nacht zum 10. Mai 2010 gab die Europäische Union zur Rettung
kriselnder Euro-Mitglieder vor dem Staatsbankrott eine beispiellose
Rettungsaktion bekannt. Anfang Juni 2010 legte die Regierung des
Fürstentums Liechtenstein ein umfassendes Sparpaket vor. Bis 2014 sollen
jährlich 160 Millionen Franken eingespart werden, um den Haushalt des
Landes wieder ins Lot zu bringen.
Aktuelle Themen und der
Staatsfeiertag 2010 waren Grundlage für ein Gespräch mit S.D. Prinz
Philipp von und zu Liechtenstein - Präsident des Stiftungsrates der LGT
Group Foundation.
Die LGT Group ist die Wealth & Asset
Management Gruppe im Besitz des Fürstenhauses von Liechtenstein und aus
der 1920 gegründeten Bank in Liechtenstein gewachsen. Mit rund 1’900
Mitarbeitenden an 29 Standorten in Europa, Asien, Südamerika und dem
Mittleren Osten sowie einem weltumspannenden Netzwerk aus führenden
Investmentmanagern hat LGT einen globalen Horizont und ist gleichzeitig
lokal verankert. Detaillierte Informationen über die LGT erfahren Sie
unter www.lgt.com.
exclusiv: Durchlaucht, was halten Sie
von der Europäischen Rettungsaktion... Ist das Volk in den einzelnen
Ländern ausführlich über diesen Beschluss informiert worden, um dessen
Tragweite zu verstehen?
S.D. Prinz Philipp von und zu Liechtenstein:
Nun man könnte die etwas boshafte Frage stellen, ob alle Politiker
verstehen, was sie da entschieden haben. Nehmen wir zum Beispiel die
Europäische Zentralbank, der auferlegt wurde, griechische Staatspapiere
zu kaufen - im flagranten Widerspruch, zu dem was früher die Regel war.
Nun, es besteht wohl bei vielen Regierungen die Hoffnung, dass sich die
Sache legen wird, dass es ruhiger wird, was immer das heissen soll, dass
man Zeit gewinnt. Aber erklärt wurde noch niemandem
irgendetwas. Wie sollen gewisse Länder, die total verschuldet sind, aus
dieser Schuldenfalle herauskommen? Wie sind die Zeitabläufe, was die
Szenarien, zu diesen Thematiken fehlen die Stellungnahmen? Dadurch
entsteht Intransparenz auf die der Markt reagiert. Staatspapiere werden
herunter gesetzt, weil man unsicher ist, wie die Zukunft aussieht. Die
vorherrschende Meinung ist: Der Markt ist schuld, also schränkt man den
Markt ein. Das ist wie wenn ein Arzt dem Patienten den Fiebermesser
wegzieht, diesen zerbricht und zum Patienten sagt, sie haben kein Fieber
mehr. Ob wir einen solchen Arzt wählen würden...?
exclusiv: Wo sehen Sie die Hauptursache für die heutige Situation?
S.D. Prinz Philipp von und zu Liechtenstein:
Es sind viele Ursachen, einer der Ursachen kommt aus Amerika, es wird
wenig gespart, viel ausgegeben, auf Kredit gelebt. Alle haben die
Möglichkeit, über Kredite an ein Eigenheim zu kommen und das Ganze mit
einer impliziten Staatsgarantie. Dies und verschiedene andere Gründe
haben einen Mangel an Transparenz ausgelöst. Wenn sie jahrelang über
ihre Verhältnisse leben, kommt irgendwann der Moment, wo sie in der
Kreditfalle sitzen. Als Privater merke ich das noch ziemlich schnell,
weil ich Zugriff auf meine Konten und mein Ein- und Auskommen habe. Wie
weit gilt dies auch für die verschiedenen Länder? Ist die Transparenz
gross genug, um darzulegen, wie hoch die effektive Staatsverschuldung ist?
Tatsächlich befinden sich die europäischen Staaten angesichts enormer
ungedeckter Sozialversprechungen und einer bereits heute
unkontrollierten Verschuldung in einer prekären Lage. Die
Ausgabenstruktur wird durch Zusagen an das Sozialsystem dominiert.
Die
Generationenbilanzierung wurde Anfang der 90er-Jahre in den USA zur
langfristigen Analyse der Fiskal- und Sozialpolitik entwickelt. Bei
dieser Prüfung werden die öffentlichen Einnahmen und Ausgaben unter
Berücksichtigung der demografischen Entwicklung sowie der
wirtschaftlichen und fiskalpolitischen Rahmenbedingungen in die Zukunft
fortgeschrieben. Die resultierenden Indikatoren, unter anderem die
Nachhaltigkeitslücke, ermöglichen es, die Fiskal- und Sozialpolitik auf
ihre Nachhaltigkeit und generationsübergreifenden Verteilungswirkungen
zu analysieren. Die Nachhaltigkeitslücke setzt sich zusammen aus der
bereits heute bestehenden expliziten Staatsschuld und der so genannten
impliziten Schuld. Die implizite Schuld entspricht dem zukünftigen Missverhältnis zwischen öffentlichen Einnahmen und Ausgaben und damit der Reichweite, in der die Staatsverschuldung bei geltendem Recht zukünftig zunehmen
wird. Mit anderen Worten zeigt die Nachhaltigkeitslücke, wie gross die
Rücklagenbildung sein muss, damit das heutige Leistungsniveau auch für
die Zukunft finanzierbar bleibt.
exclusiv: Ist die LGT-Group, ist Liechtenstein von dieser Entwicklung mit betroffen?
S.D. Prinz Philipp von und zu Liechtenstein:
Die LGT-Group ist wie jeder andere Betrieb in die Wirtschaft
eingebettet und ist somit in gewisser Weise betroffen. Tiefere
Wachstumsraten, die Börsenentwicklung usw. die Zahlen liegen auf dem
Tisch. Die Regierungen müssen generell sparen, der sorglose Umgang mit
Geld führt zu weiteren massiven Problemen.
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