Fürstentum Liechtenstein
Regierungschefkandidat Wahlen 2013 Dr. Thomas Zwiefelhofer
Dr. Thomas Zwiefelhofer, Vaterländische Union VU,
im Interview mit Walter-Bruno Wohlwend
Interview
Könnten Sie sich vorstellen, einen anderen Beruf auszuüben als Ihren jetzigen. Und wenn ja, welchen?
Ich habe in meinem Leben schon verschiedene Berufserfahrungen gesammelt,
früher als Architekt und in den letzten 12 Jahren als Jurist im
Treuhandsektor. Die Arbeit als Jurist macht sehr viel Freude, weil sie
extrem vielseitig ist und in alle Lebens-bereiche hineinreicht. Das wäre
sicher auch in der Regierungsarbeit der Fall.
Kochen Sie gelegentlich zuhause?
Meine Frau kocht ausgezeichnet, deshalb überlasse ich das Kochen
meistens ihr, und ich kümmere mich um den Wein. Aber natürlich freut es
mich, wenn meine Kinder wenigstens sagen, die Spaghetti Bolognese von
Papa seien besser als jene von Mama. Und wenn es ums Grillieren geht,
dann bin ich der Chef. Meine Frau meint dann immer, das sei ja nicht
Kochen, sondern ein Hobby...
Welches war Ihr Lieblingsfach in der Schule. Und warum?
Mein Lieblingsfach war Deutsch. Ich habe es geliebt, Aufsätze zu
schreiben, und auch das Thema Literatur hat mir immer Spass gemacht.
Später kamen dann überraschend auch Mathematik, Physik und Chemie zu
meinen Lieblingsfächern dazu. Ich habe sogar Nachhilfeunterricht in
Mathe und Physik gegeben.
Was werden Sie - im Falle eines Wahlerfolges - besser machen wollen als die Regierungschefs
der letzten 8 Jahre?
Jeder Mensch hat seine Stärken und
Schwächen. Und auch jede Zeit hat ihre besonderen Herausforderungen. Ich
masse mir nicht an, das Gefühl zu haben, ich hätte es in ihrer Zeit
besser gemacht. Meine Stärken sind sicher die breite und tiefe
Ausbildung, die grosse Finanz- und Führungserfahrung und mein
unkomplizierter und offener Umgang mit Menschen. Ich versuche,
Entscheide breit abzustützen, traue aber auch zu entscheiden, wenn eine
Sache zu lange blockiert wird.
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Die Freie Liste stellte ihr Wahlprogramm samt «Strategie» am 14.
November vor. Gemäss Volksrechtegesetz darf ein Stimmbürger bzw. eine
Stimmbürgerin nur auf einer Parteiliste unterschreiben. Da bis zum 3.
Dezember offenbar keine Einsprachen bei der Regierung eingegangen
waren, sind alle vier Parteilisten gültig und für die Wahl am 3. Februar
zugelassen.
Wer wird neuer
Regierungschef?
Gewählt wird am 3. Februar der Landtag. Im Mittelpunkt des Interesses
aber stehen die Kandidaten für das Amt des Regierungschefs. Indirekt
geht es in erster Linie auch um den künftigen Regierungschef und um die
weiteren Regierungsmitglieder.
Im Frühjahr haben Regierungschef Klaus Tschütscher und Hugo Quaderer
(beide VU) den Hut genommen. Schon vorher liess Regierungsrätin Renate
Müssner (VU) wissen, dass sie nicht mehr kandidieren werde. Schliesslich
gab wenig später auch Regierungschef-Stellvertreter Martin Meyer (FBP)
seinen Rücktritt bekannt.
Mit ihrem angekündigten Rückzug aus der Politik entzogen sich die vier
Regierungsmitglieder frühzeitig dem Urteil der Wähler. Ein Novum für
Liechtenstein. Ob es Amtsmüdigkeit war, ob persönliche Gründe oder
politische Querelen den Ausschlag gaben, bleibt wohl offen.
Vielleicht liegt der Regierungschef-Kandidat der Freien Liste, Pepo
Frick, nicht weit daneben wenn er schreibt: «Der Miliz-Landtag (dem er
selbst 8 Jahre lang angehört, die Red.) steht verfassungsmässig über der
Profi-Regierung. Die Volks-vertretung schwächelt bedenk- lich. Die
Regierung und der Landtag arbeiten oft gegeneinander…»
Mit der Landtagswahl 2013 entscheiden die Wählerinnen und Wähler also
über eine fast völlige Neubesetzung der Regierung. Einzig Aurelia Frick
(FBP) bleibt bei einem Wahlerfolg ihrer Partei im Amt. Auch
diesbezüglich bedeutet die Wahl eine Weichenstellung für unsere
politische Zukunft.
Drei Regierungschef-
Kandidaten
Erstmals seit der Verfassung 1921 bewerben sich gleich drei Kandidaten
um das Amt des Regierungschefs. Freilich mit unterschiedlichen Chancen
auf einen Erfolg:
Die Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) tritt mit dem 49jährigen
Wirtschaftsabsolventen der HSG und amtierenden Landes-Polizeichef Adrian
Hasler an. Hasler war von 2001 bis 2004 Mitglied der
FBP-Landtagsfraktion.
Die VU schickt Thomas Zwiefelhofer (Jahrgang 1969) ins Rennen. Auch der
promovierte Jurist und Treuhänder hat die HSG absolviert und ist
Mitglied der Geschäftsleitung eines Treuhandunternehmens. Zwiefelhofer
gehört dem VU-Parteipräsidium an.
Pepo Frick, Jahrgang 1952, ist studierter Mediziner und arbeitet als
Hausarzt. 2005 wurde er als Abgeordneter der Freien Liste (FL) in den
Landtag gewählt.
Alle drei Kandidaten für die Regierungsspitze haben politische
Erfahrung: Als Abgeordnete zum Landtag, als Mitglieder in
Gemeindevertretungen und als Mitwirkende in ihren Parteigremien.
Wie realistisch ist
die Kandidatur Pepo Frick?
Die Chancen des FBP bzw. des VU-Kandidaten für das höchste Regierungsamt
sind durchaus intakt. Beide Parteien nominierten je 3 von 5 möglichen
Regierungs-Kandidaten und signalisieren damit, dass sie von vorneherein
von einer Koalitionsregierung ausgehen.
Anlässlich der Landtagswahl (2009) erreichte die VU mit 13 von 25
Mandaten die absolute Mehrheit im Parlament. Trotzdem ging sie mit der
FBP eine Regierungskoalition ein.
Die Chancen des FL-Chef-Kandidaten sind selbst bei einem optimalen
Wahl-Ergebnis der Freien Liste eher gering. Allein aus rechnerischen
Gründen ist das «Angebot» der Freien Liste kaum in die Tat umzusetzen.
Denn selbst wenn das Unwahrscheinliche einer Koalition der FL mit der
FBP oder der VU zur Diskussion steht, würden sich die jeweiligen
Regierungschef-Kandidaten der «Grossparteien» kaum zu Gunsten des
FL-Vertreters aus dem Rennen nehmen.
Aber was immer. Mit ihrem «Angebot» bringt die Freie Liste sicher mehr
Farbe in den politischen Wettbewerb. Pepo Frick strebt kein
Abgeordnetenmandat mehr an. Würde sein Scheitern als Regierungs-Kandidat
damit das Ende seiner politischen Karriere in offiziellen Gremien
bedeuten?
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© fotos exclusiv
text: walter-bruno wohlwend