Wirtschaft in Bewegung – und was sie bremst
Im Anschluss an die Begrüssung übernahm Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, das Wort. In seinem wirtschaftlichen Lagebericht beschrieb er die derzeitige Situation mit einem Vergleich: Wie beim Bergsturz im Walliser Bergdorf Blatten, wo «der Himmel über der Erde einbricht», präsentiere sich auch die globale wirtschaftliche und geopolitische Lage als komplex und schwer berechenbar.
Thomas Gitzel sprach Klartext: Die Welt sei in Bewegung, aber die Richtung sei nicht immer eindeutig. Eine spontane Umfrage im Saal spiegelte die Einschätzungen angesichts geopolitischer Spannungen, wirtschaftlicher Unsicherheiten und des demografischen Wandels wider. Besonders kritisch sieht er die Entwicklung in den USA, einst verlässlicher Partner Europas, nun zunehmend unberechenbar.
Ein zentrales Thema war der demografische Wandel. Er nannte beeindruckende Zahlen aus seinem Heimatland Deutschland: Bis 2036 werden rund 19,5 Millionen Menschen das Rentenalter erreichen – das entspricht fast 44 % der heutigen Erwerbstätigen. Dem gegenüber stehen nur 12,5 Millionen potenzielle Nachfolgerinnen und Nachfolger.
Besorgniserregend war auch seine Analyse der Demokratiezufriedenheit: In einer Umfrage unter den zwölf grössten Industrienationen gaben lediglich 36 % an, mit dem demokratischen System zufrieden zu sein – ein Warnsignal, das über Wirtschaft hinausweist und gesamtgesellschaftliches Umdenken erfordert.
Sein Appell: «Die Ärmel hochkrempeln, arbeiten, gestalten – und Freiheit schaffen.» Er rief zu mehr unternehmerischem Mut, weniger Bürokratie und faireren globalen Rahmenbedingungen auf. Themen wie Zölle und Handelskonflikte seien dabei ebenso entscheidend wie das neue Regierungsprogramm Deutschlands, das vorsichtige wirtschaftliche Zuversicht verspreche.
Trotz der Komplexität einzelner Aspekte blieb seine Kernaussage deutlich: Wirtschaft braucht Orientierung – und den Willen zur aktiven Gestaltung, selbst in unübersichtlichen Zeiten.
Chancen erkennen, Wandel gestalten
Im Gespräch mit Moderator Tobias Müller sprach S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein über die Herausforderungen, mit denen sich Liechtenstein als Kleinstaat in einer zunehmend vielschichtigen Welt konfrontiert sieht. Für ihn ist klar: Es gibt nicht nur eine einzelne Antwort auf geopolitische Spannungen, technologischen Wandel und gesellschaftliche Veränderungen – vielmehr ist es die Gesamtheit verschiedener Entwicklungen, die gemeinsam betrachtet und bearbeitet werden müssen.
Die internationalen Rahmenbedingungen lassen sich aus seiner Sicht kaum direkt beeinflussen. Umso entscheidender sei es, dass Liechtenstein seine eigenen Stärken gezielt nutzt. Erbprinz Alois sieht dabei insbesondere die Kleinheit und Struktur des Landes als Vorteil – kurze Wege, stabile Institutionen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft bieten gute Voraussetzungen, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können.
Gerade im technologischen Wandel, etwa durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, erkennt er Chancen für Innovation und Weiterentwicklung, wenn ausreichend in Bildung und Forschung investiert wird. Die Fähigkeit, sich als Gesellschaft und Wirtschaftsstandort immer wieder neu zu orientieren, hält er für eine zentrale Grundlage für langfristigen Erfolg.
Auch demografische Veränderungen sieht Erbprinz Alois als zentrale Herausforderung. Es brauche Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, das Potenzial des heimischen Arbeitsmarkts bestmöglich auszuschöpfen, etwa durch gezielte Förderung von Fachkräften, durch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und durch flexible Arbeitsmodelle. Dabei betont er die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen Staat und Privatwirtschaft.
In der Aussenpolitik sieht Erbprinz Alois den gezielten Ausbau von Freihandels- und Doppelbesteuerungsabkommen als einen zentralen Hebel, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Liechtenstein nachhaltig zu stärken. Gerade für exportorientierte Unternehmen eröffnen solche Vereinbarungen wertvolle Perspektiven. Zugleich verweist er auf eine besondere Stärke Liechtensteins: die ausgeprägte Kontinuität auf politischer, wirtschaftlicher und diplomatischer Ebene. Diese Stabilität, gepaart mit funktionierenden internationalen Netzwerken, schafft Vertrauen und Verlässlichkeit, wichtige Voraussetzungen für unternehmerischen Erfolg.
S.D. Erbprinz Alois zeigt sich überzeugt, dass Liechtenstein mit einem starken Fundament in die Zukunft gehen kann. Der bewährte Mix aus verantwortungsvoll geführten Familienunternehmen, einer innovationsfreundlichen Politik sowie einem klaren Fokus auf Bildung und Forschung lässt ihn optimistisch auf die kommenden Jahre blicken. Gerade in einem global anspruchsvollen Umfeld erkennt er darin die entscheidenden Faktoren, um Chancen zu nutzen, Veränderungen aktiv zu gestalten und Liechtenstein weiterhin als erfolgreichen Wirtschaftsstandort zu positionieren.