Zum Inhalt springen

Artikel als PDF zum Herunterladen und Teilen

Artikel als PDF zum Herunterladen und Teilen

Download

Hoffnung schenken mit Herz und Engagement: Ein Blick hinter die Arbeit des Vereins für humanitäre Hilfe e.V. Liechtenstein

Hoffnung schenken mit Herz und Engagement: Ein Blick hinter die Arbeit des Vereins für humanitäre Hilfe e.V. Liechtenstein

Julia Thöny | Foto: © exclusiv
Julia Thöny | Foto: © exclusiv

Wer ist Julia Thöny und welche Verantwortung trägt sie?
Im Gespräch mit Julia wird eines sofort spürbar: Ihre Arbeit dreht sich nicht nur um Hilfeleistungen, sondern darum Hoffnung und bessere Lebenschancen für Menschen zu schaffen, die kaum gehört werden. Wer mit ihr spricht merkt, dass hinter dem Verein für humanitäre Hilfe e.V. eine Geschichte, grosses Engagement und viel Herzblut steckt.
Seit Juni 2025 hat sie die Geschäftsführung für den Verein übernommen. Ihre Vorgängerin, Alexandra Jehle, die 10 Jahre in Burkina Faso gelebt und gearbeitet hat, hinterlässt grosse Fussstapfen. «Von ihr zu lernen, mit ihr zu arbeiten und auf ihre Erfahrung und ihr Engagement aufzubauen, ist für mich eine grosse Verantwortung und gleichzeitig eine wunderschöne Chance, für die ich sehr dankbar bin und die mir viel Freude bereitet», sagt sie.  Gemeinsam mit dem Vorstand, Präsidentin Tanja Cissé, Bianca Boninsegna und Alexandra Jehle, möchte sie den Verein erfolgreich weiterführen und mit neuen Ideen und frischer Energie weiterentwickeln. Dass ihre Mutter vor fast 25 Jahren zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehörte, verleiht dieser Aufgabe für sie eine ganz besondere Bedeutung. «Ich finde es selbst unglaublich schön zu sehen, wie sich der Kreis schliesst, wie viel sich in den letzten Jahren entwickelt hat und dass nun ich sozusagen in zweiter Generation in diesem Verein aktiv mitarbeiten darf.»

Wie alles begann, wie es gedeiht und was geschieht
«Der VfhH, Verein für humanitäre Hilfe oder «Unser Verein» wurde im Jahr 2001 von Michael Stranzl gegründet und hat sich von Anfang an zum Ziel gesetzt, vor allem Waisenkindern in Burkina Faso zu helfen und diesen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Ein kleines Team von ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern engagierte sich mit viel Herzblut und Tatendrang, um den Verein gut aufzustellen und bekannt zu machen. Von Kuchenverkäufen, Benefizkonzerten bis hin zu einer Benefiz-Kunstauktion wurden verschiedenste Aktivitäten veranstaltet, um Geld für die Menschen in Burkina Faso zu sammeln. 
Der westafrikanische Binnenstaat liegt südlich des Nigerbogens und grenzt an Mali, Niger, Benin, Togo, Ghana und die Elfenbeinküste. Heute leben dort über 23,5 Millionen Menschen, mehr als 40 Prozent davon unter der absoluten Armutsgrenze. Rund zwei Drittel der Bevölkerung können weder lesen noch schreiben.

Mittlerweile erreichen wir mit unseren verschiedenen Projekten und Programmen jährlich rund 35'000 Menschen – das ist fast ganz Liechtenstein. Immer mit dem Ziel, den Menschen langfristig ein besseres Leben zu ermöglichen. Schon von Beginn an arbeiten wir eng mit den katholischen Ordensschwestern vor Ort zusammen (SIC: Sœurs de l’Immaculée Conception), die dieselben Ziele verfolgen: Gesundheitsversorgung, Betreuung von Waisen, Bildung von Mädchen und Frauen und Sozialarbeit. Den Orden gibt es schon seit 100 Jahren und die Schwestern sind sehr gut ausgebildet, organisiert und lokal bestens vernetzt. Von diesen Synergien profitieren zu können ist für uns ein wichtiger Erfolgsfaktor. Auf diesem soliden Fundament konnte der Verein wachsen: Das Zentrum für Kinder in Not wurde erweitert, Schülerpartnerschaften ausgebaut, Gesundheitsprojekte unterstützt und neue Bereiche geschaffen.
Heute liegen unsere Schwerpunkte auf dem Kinderschutz, etwa im Waisenhaus LSI. Weitere zentrale Bereiche sind Gesundheit – zum Beispiel im Krankenhaus SHALOM, im Mma-Biiga-Mutter-Kind-Programm oder im Laafi-Angebot, mit dem medizinische Leistungen für Bedürftige finanziert werden. Zudem engagieren wir uns in der Ernährungssicherung, in der Bildung durch Schülerpatenschaften, in der Einkommensförderung für Kleinunternehmen sowie in der Nothilfe.
So entsteht ein Kreislauf, der die grundlegenden Lebensbedingungen der Menschen verbessert und ihnen Perspektiven für die Zukunft bietet. Durch die Arbeit des Vereins werden nicht nur einzelne Leben gesichert, sondern ganze Familien unterstützt – ein Beitrag, der weit über die unmittelbare Hilfe hinaus Wirkung zeigt», fasst Julia zusammen.

Erleben, hören, fühlen, sehen: Warum vor Ort vieles klar wird
Für diese Arbeit ist es wichtig, die Projekte vor Ort selbst kennenzulernen. Julia’s erste Reise mit Tanja nach Burkina Faso führte sie diesen Oktober in die Hauptstadt Ouagadougou und in die ländliche Region Ziniaré, wo sie die Einrichtungen besuchten, und die Menschen trafen, die von den Projekten und Leistungen profitieren. «Wir wollten nicht nur sehen, sondern auch hören und spüren, was unsere Unterstützung wirklich bewirkt», sagt Julia. Und genau das erlebten sie: Kinder aus ärmsten Verhältnissen, die dank Schülerpatenschaften eine Bildung erhalten und trotz widriger Umstände lachen und lernen; engagierte Mitarbeitende aus den Projekten, die tagtäglich alles geben; Familien, die durch die Hilfe des Vereins eine echte Perspektive bekommen und ein unglaublich herzliches, gastfreundliches Volk.

Burkina Faso liegt in der Sahelzone und ist bekannt für sein extremes Klima: in den Hitzeperioden steigt das Thermometer auf bis zu 50 Grad, während die Regenzeit immer kürzer und intensiver wird. Die Hauptstadt Ouagadougou pulsiert Tag und Nacht. Auf den Strassen herrscht reges Treiben: Autos, LKWs, Zweiräder, Eselkarren, Menschen und freilaufende Tiere teilen sich die Strasse. In den ländlichen Gegenden hingegen bietet sich ein anderes Bild: ein Zuhause besteht oft aus einem ummauerten Innenhof, der als Küche, Wohnzimmer und Arbeitsort dient sowie einem kleinen, vielleicht zehn Quadratmeter grossen Häuschen, das als Schlafzimmer genutzt wird. Die Strassen bestehen aus Schotter und Sand – hier vorwärtszukommen ist eine gewisse Herausforderung. Solche Eindrücke sind elementar, um gezielt Hilfe leisten zu können und die Projekte vor Ort sinnvoll zu gestalten.

Praktisch und wirkungsvoll: Lösungen, die helfen
«So merkt man auch schnell: Lösungen, die wir von zu Hause kennen, funktionieren hier oft nicht. Ein Krankenwagen sieht in Burkina Faso zum Beispiel nicht ganz so aus wie bei uns. Tanja, unsere Präsidentin, erzählte von dem Anschaffungsprozess eines solchen für das medizinische Zentrum SHALOM und der Diskussion über die enorm hohen Anschaffungskosten eines solchen Fahrzeugs. Unsere Partner erklärten dann aber, dass ein Krankenwagen wie wir ihn aus Liechtenstein kennen natürlich teuer ist, aber gar keinen Sinn macht und auch nie die Idee war – ein 4x4-Pick-up wäre die beste Lösung. Er kommt überall durch, auch auf Schotter- und Sandstrassen und während der Regenzeit. Die Kranken werden auf dem Pick-up sicher auf einer Matratze zur medizinischen Versorgung transportiert und auf dem Rückweg werden Reis und andere Güter geladen, sodass das Fahrzeug maximal effizient genutzt wird. Genau solche sinnvollen praktischen Umsetzungen bedarf es zu erkennen und zu nutzen.

Persönliche Begegnungen, die bewegen
Wir haben auf unserer Projektreise zahlreiche bleibende Begegnungen erleben dürfen, zwei davon begleiten mich besonders. Mit dem Mutter-Kind-Gesundheitsprogramm machen die Teams vor Ort auch Hausbesuche. Ein Arzt und eine Hebamme reisen in ländliche Regionen, erkunden die Situation vor Ort, nehmen Gesundheitsmassnahmen vor, klären auf, verteilen Nahrungsmittel und führen Impfungen durch. Wir durften das Team auf so einer Runde begleiten und kamen in einen Innenhof mit zwei Familien, die vor dem herrschenden Terror in den Grenzgebieten ins Landesinnere flüchten mussten. Wir standen dann vor einer Holzhütte mit einem Dach aus Bast und Tüchern und die Menschen konnten sich kaum verständigen, weil die Dialekte so unterschiedlich sind. Junge Mütter wissen oft nicht, wie sie ihre Kleinen versorgen sollen und diese Familie hatte bei ihrer Flucht alles zurücklassen müssen. Als das Team von SHALOM die Familien zum ersten Mal traf, waren die Kinder unterernährt und krank. Aber durch die regelmässigen Besuche und Abgabe von proteinreichen Nahrungsergänzungsmitteln verbesserte sich ihr Zustand rasch. Das so zu sehen, war sehr eindrücklich. Es zeigt, wie hart der Alltag sein kann. Gleichzeitig wurde mir aber auch sehr bewusst, was wir mit unserer Unterstützung bewirken können, denn diese zwei kleinen Kinder hätten es ohne Hilfe nicht geschafft.
Ein weiteres Treffen, das mich sehr berührt hat, war mit Viviane. Sie ist Anfang 20, taubstumm und wurde seit ihrer Kindheit von uns begleitet. Das Leben mit einer Einschränkung ist in Burkina Faso besonders schwierig. Wir haben sie bereits in der Primarschule unterstützt, später in der Sekundarschule. Sie machte eine Ausbildung zur Schneiderin, wurde selbstständig und kann heute eigenständig arbeiten. Ihr Geschäft läuft gut und sie konnte sogar schon etwas Geld zur Seite legen – das ist eine riesengrosse Leistung. Zu unserem Treffen organisierte sie einen Übersetzer für Gebärdensprache, weil es ihr wichtig war mit uns sprechen zu können. Ihre Energie, ihre Zuversicht und ihr Wille voranzukommen, aber auch ihre herzliche Art, haben mich wirklich berührt. Ihre Geschichte ist für mich ein Sinnbild für das, was wir machen – Menschenleben verändern und Chancen bieten, die eine neue Zukunft ermöglichen. Das motiviert mich unglaublich.

(v.l.) Julia Thöny, Bianca Boninsegna, Tanja Cissé, Alexandra Jehle, Foto: © Eddy Risch
(v.l.) Julia Thöny, Bianca Boninsegna, Tanja Cissé, Alexandra Jehle, Foto: © Eddy Risch

Nähe schaffen – Verantwortung übernehmen
Der Verein geht bewusst einen Weg der Nähe: Vorstand und Projektleiterinnen und Projektleiter reisen regelmässig nach Burkina Faso, lernen die Gegebenheiten, Menschen und Strukturen kennen und stimmen Massnahmen eng mit lokalen Partnerinnen und Partnern ab. Nur wer die Situation versteht, kann die Hilfe effektiv einsetzen. Jedes Projekt wird begleitet, jeder Franken wirkt nachvollziehbar, jede Massnahme trägt Früchte. Schon mit vergleichsweise kleinen Mitteln lassen sich in Burkina Faso ganze Lebenswege verändern. Wir möchten nicht einfach nur Geld sammeln und es weiterleiten. Wir möchten Menschen begleiten und ihre Situation nachhaltig verbessern. Unsere Hilfe soll wirken. Deshalb überprüfen und adaptieren wir unsere Investitionen auch laufend bei Bedarf, setzen Prioritäten und sichern Übergänge, wo sie nötig sind.

Hinter den Kulissen: Zusammenarbeit und Partnerschaften
Hinter den Kulissen arbeiten wir eng mit unserem Projektkoordinator vor Ort, Fiacre Amli und den Schwestern zusammen. Regelmässiger Austausch über Telefon, E-Mail oder WhatsApp stellt sicher, dass wir die richtigen Schritte gehen, Ressourcen effektiv einsetzen und genau dort helfen, wo es gebraucht wird. Wir haben kompetente Partner vor Ort, und wir lernen viel voneinander und miteinander. Humanitäre Hilfe entsteht nie allein, sie wächst aus Spenden, Partnerschaften und dem Vertrauen vieler Menschen. Wer mehr erfahren oder mit uns in Kontakt treten möchte, findet alles Weitere auf unserer Website www.vfhh.li.» 
Julia dankt allen, die in den vergangenen Jahren so viel möglich gemacht haben und die den Verein für humanitäre Hilfe e.V. heute und in Zukunft begleiten. «Gemeinsam können wir etwas bewegen und Hoffnung schenken.»

Kontakt: Verein für humanitäre Hilfe e.V. • Hasenweg 1, FL-9490 Vaduz • +423 789 22 55 • info@vfhh.liwww.vfhh.li

Dezember 2025 – Text: © exclusiv | Fotos Burkina Faso: © Verein für humanitäre Hilfe e.V. Liechtenstein

 

Footer