Regierungschefin-Stellvertreterin Sabine Monauni | © exclusiv
Welche Themen liegen Ihnen persönlich besonders am Herzen, und welche politischen Prioritäten möchten Sie in dieser Legislatur verfolgen?
Das Regierungsprogramm ist noch in der Vorbereitung. Klar ist, dass wir in dieser Legislatur den Fokus auf das Thema Sicherheit legen werden.
Die Welt hat sich in den letzten Jahren fundamental geändert. Wir haben einen Krieg in der Ukraine, der uns vor Augen führt, dass nicht mehr das Völkerrecht gilt, sondern die «Macht des Stärkeren». Europa kann sich nicht mehr auf die USA als Schutzmacht verlassen, sondern muss sich selbst verteidigen. Liechtenstein ist zwar nicht unmittelbar bedroht, aber auch wir müssen unsere Resilienz stärken, insbesondere in den Bereichen Cybersicherheit, Fake News und Künstliche Intelligenz. Gerade in unsicheren Zeiten ist es wichtig, dass wir robuste und verlässliche Partnerschaften haben. Die Diplomatie spielt hier eine wesentliche Rolle. Sie schafft Kanäle des Vertrauens, ermöglicht es, Spannungen frühzeitig zu erkennen und trägt dazu bei, dass Liechtenstein trotz seiner Kleinheit gehört wird. Gleichzeitig hilft sie, Allianzen zu knüpfen, Wissen auszutauschen und unsere Interessen in einer komplexen Welt wirksam zu vertreten. Diplomatie ist damit nicht nur Krisenmanagement, sondern auch aktive Zukunftsgestaltung.
Zusätzlich zu diesen aussenpolitischen Aspekten ist es wichtig, die Resilienz und den Zusammenhalt im Inland zu stärken. Dazu gehört auch der Umgang mit den Folgen des Klimawandels, der unsere Gesundheit, unsere Wälder und unsere Landwirtschaft zunehmend fordert. Begrünung in den Gemeinden, ein robuster Wald und innovative Ansätze wie die klimawirksame Landwirtschaft helfen uns, widerstandsfähiger zu werden und die Klimastrategie konsequent umzusetzen. Gleichzeitig spielt die Kultur eine wichtige Rolle, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern und die Resilienz der Bevölkerung zu stärken.
Sie haben erwähnt, dass Sie sich über den Geschäftsbereich Kultur besonders freuen. Welche Impulse möchten Sie in diesem Bereich setzen, und wo sehen Sie Entwicklungspotenzial?
Im Bereich Kultur wird die Kulturstrategie im Zentrum stehen. Ich bin sehr motiviert, gemeinsam mit allen Interessierten einen partizipativen Prozess anzustossen und voranzubringen. Kultur spielt gerade in Zeiten grosser Verunsicherung und gesellschaftlicher Risse eine zentrale Rolle: Sie bringt Menschen zusammen, eröffnet neue Perspektiven und hilft, über die eigenen «Bubbles» hinauszublicken.
Mein Ziel ist, dass Kultur für alle zugänglich bleibt, insbesondere für junge Menschen, und dass wir unser breites Angebot von Theater, Bibliothek, Museen bis zu Konzerten erhalten können. Das ist nicht selbstverständlich und braucht Aufmerksamkeit sowie Wertschätzung. Klar, die Finanzierung wird Thema sein. Ich bin aber überzeugt, dass Kultur nicht allein vom Staat abhängig sein darf, sondern auch selbst Leistung erbringen soll. Aufgabe der Politik ist es, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Kulturszene, insbesondere die junge, gedeihen kann. Auf diese Diskussion freue ich mich sehr.
Sie sind sowohl Aussenministerin als auch Kulturministerin. Wie gelingt es, diese beiden Aufgabenbereiche miteinander zu verbinden und bleibt dabei noch Zeit für die Kultur?
Ich bin überzeugt, dass es ideal ist die beiden Themenbereiche Äusseres und Kultur zusammenzubringen. Kulturaussenpolitik kann dadurch gezielter wirken: Wir können Plattformen der Aussenpolitik nutzen, um Kulturschaffende international zu unterstützen und ihnen Sichtbarkeit zu geben. Das ist zentral, denn viele möchten Erfahrungen sammeln und sich über die Grenzen hinaus präsentieren.
Ein Beispiel ist TRADUKI, ein europäisches Netzwerk, das mit Literatur, Übersetzungen, Festivals und Residenz-Programmen den südosteuropäischen Raum mit dem deutschsprachigen Kulturraum verbindet und zugleich den Austausch innerhalb Südosteuropas stärkt. Kürzlich wurde auch eine liechtensteinische Autorin in diesem Rahmen übersetzt. Solche Momente zeigen, wie Kultur Türen öffnet, Begegnungen schafft und die bilateralen Beziehungen vertieft.
Natürlich bedeutet die Kombination verschiedener Ressorts auch einen Spagat. Doch Reisen und internationale Kontakte sind längst nicht mehr allein Aufgabe der Aussenministerin, alle Ressorts haben aussenpolitische Komponenten. Auch die Finanzministerin und der Wirtschaftsminister sind grenzüberschreitend unterwegs. Den Luxus, nur ein Ministerium zu betreuen, haben wir in unserem Land nicht, daher müssen wir Prioritäten setzen und die richtige Balance finden.
Klar ist: Ein Regierungsmitglied kann nicht überall sein. Ich versuche möglichst viele Anlässe wahrzunehmen, auch wenn es manchmal Prioritäten zu setzen gilt und nicht jeder Termin möglich ist. Dafür bitte ich um Verständnis.
Das Thema Sicherheit ist derzeit sehr präsent. Muss sich die Bevölkerung Sorgen machen?
Wir leben nach wie vor in einem der sichersten und privilegiertesten Länder. Es geht nicht darum, Angst zu machen, sondern Verantwortung zu übernehmen und bestimmte Fakten offen anzusprechen. Von einer Regierung darf erwartet werden, dass sie geopolitische Veränderungen verständlich vermittelt.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine markiert tatsächlich eine «Zeitenwende». Zum ersten Mal seit Jahrzehnten erleben wir wieder einen Krieg auf europäischem Boden, etwas das wir uns vor ein paar Jahren kaum vorstellen konnten. Für uns als Kleinstaat ergeben sich daraus besondere Herausforderungen. Fragilere Lieferketten, unsichere geopolitische Rahmenbedingungen, wachsende Bedeutung von Zöllen für die Wettbewerbsfähigkeit und ein erhöhtes Risiko von Cyberangriffen auf unser hochdigitalisiertes Finanzsystem.
Sie sind Familienfrau, Mutter und Ehefrau – wie reagierte Ihre Familie auf Ihre zweite Kandidatur?
Meine zweite Kandidatur wurde von meiner Familie einhellig unterstützt. Der Schritt vor vier Jahren mit Umzug von Brüssel nach Mauren und Schulwechsel war für uns als Familie deutlich grösser als nun die Entscheidung zum Weitermachen.
Ich habe grosses Glück: Mein Partner trägt meine Abwesenheiten mit Gelassenheit, und unsere Kinder sind mit diesem Rollenmodell sozusagen aufgewachsen, wir haben die klassischen Rollen getauscht. Ich glaube, sie sind stolz, dass ich in der Regierung bin und interessieren sich sehr für meine Arbeit, besonders wenn sie selbst betroffen sind, gerne hätten sie mich als Bildungsministerin gesehen.
Natürlich gibt es auch einen Preis: Meine Arbeit bringt lange Tage und volle Wochenenden mit sich, dadurch bleibt manchmal wenig Zeit für die Familie. Dennoch möchte ich gerade junge Frauen ermutigen, diesen Weg zu gehen – auch mit Partnerschaft und Kindern. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Es lohnt sich, sich für das Land einzusetzen und einen Beitrag zu leisten. Gerade mit Blick darauf, welche Welt wir für unsere Kinder und für die nachfolgenden Generationen hinterlassen.
Wir bedanken uns bei Frau Regierungschefin-Stellvertreterin Sabine Monauni ganz herzlich für das Interview.
Quelle: Text und Fotos © exclusiv