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Frauenrechte im Wandel: 40 Jahre nach der Abstimmung – Liechtensteinisches Landesmuseum

Frauenrechte im Wandel: 40 Jahre nach der Abstimmung – Liechtensteinisches Landesmuseum

Andrea Kauer Loens, Claudia Heeb-Fleck, Prof. Dr. Patricia Schiess, Dr. Wilfried Marxer
Andrea Kauer Loens, Claudia Heeb-Fleck, Prof. Dr. Patricia Schiess, Dr. Wilfried Marxer

Am Abstimmungswochenende vom 30. Juni bis 1. Juli 1984 machten die liechtensteinischen Männer den entscheidenden Schritt: Sie stimmten im dritten Anlauf für die Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts. Das Liechtensteinische Landesmuseum würdigt das 40-jährige Jubiläum dieses historischen Moments mit der Ausstellung «Vom halben zum ganzen Stimmvolk. 40 Jahre Frauenstimmrecht in Liechtenstein». Im Rahmen dieser Sonderausstellung fand am Dienstagabend, 24. September, ein Vortrag zum Thema «Meilen- und Stolpersteine der Gleichstellung von 1984 bis heute» statt.
Als Referenten des Abends traten Prof. Dr. Patricia Schiess, Forschungsbeauftragte am Liechtenstein-Institut, und Dr. Wilfried Marxer, Politikwissenschaftler, auf. Das Rahmenprogramm wurde vom Verein Frauen in guter Verfassung und dem Fachbereich Chancengleichheit des Amts für Soziale Dienste organisiert.

Andrea Kauer Loens, Direktorin des Liechtensteinischen Landesmuseum, eröffnete die Veranstaltung und begrüsste die zahlreich erschienenen Gäste. Ein besonderer Dank ging an Dominique Madeleine Péter, die den gesamten Abend die gesprochene Sprache in Gebärdensprache übersetzte.

Ein Rückblick auf die Kämpfe der Vergangenheit
Prof. Dr. Patricia Schiess begann ihren Vortrag mit einem historischen Rückblick. Sie erinnerte an den Klagefall vor dem Staatsgerichtshof 1982, die Protestreise der sogenannten «Dornröschen» -Frauen nach Strassburg 1983 und schliesslich die knappe Entscheidung zugunsten des Frauenstimmrechts im Jahr 1984. Trotz dieser bedeutenden Fortschritte sei die Gleichstellung bis heute nicht vollständig erreicht, betonte sie. Insbesondere im Hinblick auf den Gleichstellungsartikel und das Gleichstellungsgesetz bleibe noch viel zu tun, um Frauen stärker in die Arbeitswelt, Politik, Kultur und den Sport zu integrieren.
Ein ungelöstes Thema ist beispielsweise die gerechte Verteilung unbezahlter Arbeit wie Hausarbeit, die Betreuung von Kindern, Kranken und älteren Menschen sowie das Engagement in Vereinen. Prof. Dr. Patricia Schiess merkte an, dass die Debatte um die Finanzierung von Kindertagesstätten verdeutliche, dass zwar das Prinzip der Gleichstellung anerkannt werde, die Umsetzung jedoch weiterhin Herausforderungen mit sich bringe.

Podiumsdiskussion (v.l) Dominique Madeleine Péter, Claudia Heeb-Fleck, Prof. Dr. Patricia Schiess, Dr. Wilfried Marxer

Die aktuelle Lage – ein ungenutztes Potenzial
Dr. Wilfried Marxer lenkte den Blick auf die Gegenwart und die Vertretung von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Entscheidungspositionen. Er betonte, dass der Frauenanteil im nationalen Parlament und in Führungsebenen der Wirtschaft nach wie vor niedrig sei. Studien zeigen, dass gut ausgebildete Frauen in Liechtenstein ihr Potenzial oft nicht voll ausschöpfen können – eine Tatsache, die auf den nach wie vor vorherrschenden traditionellen Rollenvorstellungen basiere.
Während es bei Männern kaum ein Thema sei, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bringen, stehe diese Frage bei Frauen häufig im Vordergrund. Dies zeige, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiterhin vor allem für Frauen eine Herausforderung bleibe.

Podiumsdiskussion und Schlussfolgerungen
In der anschliessenden Podiumsdiskussion, die von Claudia Heeb-Fleck moderiert wurde, vertieften die Referenten ihre Argumente. Zum Schluss wurde auch das Publikum in die Diskussion einbezogen. Ein Fazit des Abends war die Erinnerung an die Bedeutung, den Einsatz und die Beharrlichkeit der Frauenbewegung: Ohne den Mut und das Engagement der Protestierenden von damals wäre das Frauenstimmrecht wohl nicht eingeführt worden. «Es braucht Menschen, die unbequem sind und sich für Veränderungen einsetzen, denn nur so kann sich die Gesellschaft weiterentwickeln.»

Weitere Veranstaltungen zur Sonderausstellung 

Dienstag, 29. Oktober 2024, 18 bis 19.30 Uhr
Zeitzeuginnen führen durch den Gang der Geschichte
Im Rahmen der Ausstellung «Vom halben zum ganzen Stimmvolk. 40 Jahre Frauenstimmrecht in Liechtenstein» finden Präsentationen und Interviews mit den Zeitzeuginnen Helen Marxer, Astrid Walser, Claudia Heeb-Fleck, Martina Haas und Andrea Hoch statt. Moderation: Asha Ospelt-Riederer, Freier Eintritt

Mittwoch, 20. November 2024, 18 bis 19.30 Uhr
Gleichstellung geht uns alle an
Im Rahmen der Ausstellung «Vom halben zum ganzen Stimmvolk. 40 Jahre Frauenstimmrecht in Liechtenstein» referiert Markus Theunert, Autor, Psychologe
und Soziologe, Fachmann für Männer- und Geschlechterfragen, über das Thema «Gleichstellung geht uns alle an». Durch die anschliessende Diskussion führt Gabriella Alvarez-Hummel. Freier Eintritt

Text und Fotos: © exclusiv

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