Zwischen Fake News und KI: Warum wir Journalismus dringender denn je brauchen
Carmen Dahl, Präsidentin LPC und Hans-Jürgen Maurus
Vaduz – Täglich erreichen uns weltweit mehrere hundert Milliarden Nachrichten – via E-Mail, soziale Medien, Messenger, Websites, Podcasts oder Videos. Die grössten Treiber: Newsletter, Newsclips auf Social Media und Messenger-Nachrichten mit Nachrichtenbezug. Und die Flut wächst weiter.
Diese Informationsüberlastung, auch «Channel Overload» genannt, war zentrales Thema eines Vortrags des langjährigen ARD-Journalisten Hans-Jürgen Maurus beim Internationalen Liechtensteiner Presseclub, LPC.
Internet des Misstrauens
«Wir bewegen uns in einer Blase, die unsere Sichtweise bestätigt – alternative Perspektiven werden ausgeblendet», so Maurus. Das führe zu einer zunehmenden Fragmentierung der Informationswelt und erschwere es, zwischen echten Nachrichten und Falschinformationen zu unterscheiden. Viele Menschen fühlen sich angesichts widersprüchlicher Inhalte überfordert und verlieren das Vertrauen in Online-Quellen. Desinformation verstärkt diesen Effekt zusätzlich.
KI ist kein Wundermittel
2024 waren laut einer Studie bereits rund 7 Prozent aller Nachrichten KI-generiert. Maurus warnte vor zu hohen Erwartungen: KI sei nützlich, könne aber auch manipuliert oder für Cyberangriffe missbraucht werden – bei gleichzeitig hohem Energieverbrauch und neuen Sicherheitsrisiken.
Mehr Qualität, mehr Verantwortung
Journalisten stehen unter wachsendem Druck: mehr Tempo, mehr Kanäle, weniger Zeit. Maurus fordert gezielte Ausbildung, spezialisierte Recherchenetzwerke und stärkere Kooperation zwischen Medien und Politik. Gleichzeitig appellierte er an die Eigenverantwortung der Nutzerinnen und Nutzer mitzuhelfen, die Informationsflut zu bewältigen – durch bewussten Konsum und die Auswahl vertrauenswürdiger Quellen.
Zum Abschluss rief er dazu auf, sich aktiv und kritisch mit der digitalen Welt auseinanderzusetzen: «Go for it – Seien Sie der Indiana Jones des digitalen Zeitalters. Aber vergessen Sie die Peitsche nicht.»
Über den Referenten Hans-Jürgen Maurus
Hans-Jürgen Maurus war viele Jahre ARD-Korrespondent in Kairo, Johannesburg, Washington, London und in Berlin als stellvertretender Studioleiter mit Fokus auf Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Er leitete das ARD-Studio Zürich (2011–2016) und war regelmässiger Gast bei internationalen Sendern wie BBC, CNBC oder Al Jazeera. Heute arbeitet er als freier Journalist und Ghostwriter – unter anderem für SRF, den Deutschlandfunk und die SonntagsZeitung. Aktuell ist er Co-Editor eines Filmprojekts zum Fall der Credit Suisse. Seit Februar 2018 engagiert er sich ebenfalls als Internationaler Beirat des LPC.
Über den LPC
Der Internationale Liechtensteiner Presseclub LPC wurde 1969 als Verein gegründet. Aktivmitglieder des LPC sind Medienschaffende und Kommunikationsfachleute aus Liechtenstein und dem umliegenden Rheintal. Einer der wichtigsten Zwecke des LPC ist die Förderung einer möglichst objektiven Darstellung der politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Belange des Fürstentums Liechtenstein in den internationalen, regionalen und nationalen Medien. Der LPC pflegt ebenfalls Kontakte zu ausländischen Medienhäusern, Presseclubs, Interessensvereinigungen und ähnlichen Institutionen und setzt sich ebenfalls zur Förderung der Medienvielfalt und -qualität ein. www.lpc.li
Quelle: Text und Foto LPC