Botschafterin in Washington
Claudia Fritsche
exclusiv im Interview mit
Botschafterin Claudia Fritsche
Botschaft des Liechtensteins
in Washington
• Seit dem 1. Oktober 2002 sind Ihre
Exzellenz residierende Botschafterin
in Washington. Ihre Exzellenz,
wie sieht Ihre persönliche Bilanz
nach vier Jahren aus?
Die Liechtensteinische Botschaft in Washington ist gut etabliert. Die
Kontakte mit den einschlägigen Behörden, insbesondere im Aussen-,
Finanz- und im Justizministerium, sind ausgezeichnet. Ein vor vier
Jahren nur in wenigen Ansätzen existierendes Beziehungsnetz konnte
erheblich ausgebaut werden. Es bedarf jedoch kontinuierlicher
Anstrengungen, um dieses Netzwerk zu pflegen, zu festigen und zu
erweitern, da insbesondere in der Beamtenschaft, aber auch in anderen
Bereichen, ein fortwährender Wechsel stattfindet.
Liechtenstein über Washington hinaus in anderen Teilen der USA
bekanntzumachen und als Land so darzustellen, wie wir gesehen und
verstanden werden möchten, ist eine fortwährende Herausforderung, der
wir u.a. mit Hilfe des einzurichtenden Honorarkonsularnetzwerkes
begegnen möchten. Es ist immer wieder festzustellen, dass das Interesse
an Liechtenstein gross ist, von wirtschaftlichen Beziehungen angefangen
bis zum Kulturaustausch und Tourismus.
• Wo konnten Ihre Exzellenz nach Ihrer
eigenen Einschätzung in der Tätigkeit
als Botschafterin Impulse setzen,
die aufgenommen und umgesetzt
wurden?
Eine der Hauptaufgaben in Washington sind die Kontakte mit den
zuständigen US-Regierungsstellen im Bereich Finanzdienstleistungen,
dazu gehört die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
In dieser Hinsicht erfreuen wir uns heute einer sehr positiven
Einschätzung seitens der USA. Die in den vergangenen Jahren in
Liechtenstein unternommenen Schritte einschliesslich der Einführung
mustergültiger Sorgfaltspflichten sowie der Einrichtung von
durchgreifenden Überwachungsmechanismen, des weiteren das seit seinem
Inkrafttreten ausgezeichnet funktionierende Rechtshilfeübereinkommen,
haben erheblich dazu beigetragen.
Gute Beziehungen mit dem U.S. Kongress sind für jedes in Washington
vertretene Land unerlässlich. Die Kontakte mit den Mitgliedern des
Senats und des Repräsentantenhauses werden einerseits auf der
persönlichen Ebene geschaffen, andererseits über
den weitreichenden
Mitarbeiterstab eines jeden Kongressmitgliedes. Öffentliche Anhörungen
von Ausschüssen zu relevanten Themen tragen zum besseren Verständnis
der Themen bei und werden von der Liechtensteinischen Botschaft
regelmässig besucht.
Was die Wirtschaft im allgemeinen bzw. die damit verbundene
Öffentlichkeitsarbeit betrifft, haben wir uns bemüht, Liechtenstein als
Industriestandort besser bekannt zu machen, die diesbezügliche
liechtensteinische Wirtschafts-Erfolgsstory beeindruckt. Dort, wo
liechtensteinische Betriebe angesiedelt sind, ist Liechtenstein gut
bekannt. Es konnten zudem kulturell einige erste Akzente gesetzt werden
durch Ausstellungen liechtensteinischer Künstlerinnen in Washington und
New York, Gedichtlesungen sowie in gastronomischer Hinsicht.
• Welches sind oder waren für Ihre
Exzellenz persönlich wichtige Momente
in Ihrer Tätigkeit als Botschafterin?
Die Aufnahme Liechtensteins als Voll-mitglied der Vereinten Nationen am
18. September 1990 war ein sehr erhebender Moment, ebenso die Aufnahme
in den Europarat am 23. November 1978. Die Überreichung meines
Beglaubigungsschreibens an Präsident Bill Clinton im Dezember des
Jahres 2000 war eindrücklich, weil bei diesem Anlass Gelegenheit
besteht, mit dem Präsidenten ein kurzes Gespräch zu führen. Zu den
wichtigen Momenten zählt auch jede erfolgreich zu Ende geführte
Bemühung. Beispiele dafür sind die Entfernung Liechtensteins von
der damaligen schwarzen Liste der «FATF» sowie der Abschluss des
Rechtshilfeübereinkommens mit den USA. Daneben gibt es befriedigende
Momente, die weit weniger dramatisch sind. In meinem Fall gehören dazu
Begegnungen mit Studenten und Studentinnen, bei denen ich das Gefühl
habe, den jungen Menschen etwas für ihr späteres Leben mitgegeben oder
sie zumindest zum Denken angeregt zu haben.
• Wie sieht das Zeitmanagement Ihrer
Exzellenz aus, oder wie kann sich
der/die liechtensteiner Bürger/in
Ihr Tagesprogramm und die Tätigkeit
Ihrer Exzellenz vorstellen?
Regelmässige Gespräche mit dem für Liechtenstein zuständigen Desk
Office im amerikanischen Aussenministerium (Department of State)
gehören genauso zu den Aufgaben wie die Teilnahme an Veranstaltungen
der verschiedenen Think Tanks in Washington, des weiteren informelle
Frühstücks- oder Mittagstreffen mit hochrangigen Beamten und Vertretern
der Washingtoner Gesellschaft.
Besuche von Studentengruppen und Interessensvertretungen in der
Botschaft geben Gelegenheit, über Liechtenstein zu informieren.
Demselben Zweck dienen Vorträge an Schulen, Universitäten oder
Roundtable-Diskussionen im kleinen Rahmen. Es ist weiters wichtig, sich
mit nicht traditionellen Akteuren zu treffen, um gewisse
vor allem auch gesellschaftspolitische Entwicklungen in den USA besser
zu verstehen. Zu diesen Akteuren gehören Künstler/Innen, Lobbyisten und
Geschäftsleute genau so wie die eigenen Nachbarn und Freunde.
Gesellschaftliche Verpflichtungen wahrzunehmen und selbst Einladungen
zu geben sind Aufgaben einer jeden Botschaft, auch der
liechtensteinischen.
Der gesellschaftliche Rahmen eignet sich sowohl zur Förderung des Liechtenstein Image als auch zur Informationsbeschaffung.