Dr. Stephan Koja, Direktor der Fürstlichen Sammlungen © exclusiv
Kleinbronzen dienten nicht nur der Repräsentation von Macht und Glanz, sondern liessen sich auch vortrefflich als Geschenke im Dienste der Diplomatie einsetzen. Seit der Wiederbelebung der antiken Gattung in der Renaissance entwickelten sich die Objekte zu gefragten Sammlerstücken – und die begehrtesten waren die spektakulären Schöpfungen Giambolognas. Neben der herausragenden Meisterschaft ihrer Ausführung boten die auf Stoffen antiker Mythologie beruhenden Figuren oder Gruppen auch die Möglichkeit, mit den Mitteln der Allegorie auf elegante Weise über politische wie konfessionelle Grenzen hinweg subtile Botschaften zu übermitteln.
Giambologna betrieb ab den 1570er Jahren in Florenz eine gut organisierte Werkstatt. Als ein Künstler von hoher technischer Könnerschaft entwickelte er ein Verfahren, dass es ihm erlaubte, von einem Modell mehrere Güsse herzustellen. Da seine Werkstatt diese Produktion lange über seinen Tod hinaus fortsetzte, stellen Kleinbronzen, die noch zu Lebzeiten Giambolognas geschaffen wurden, den qualitativen Massstab dar, an dem alle anderen Exemplare gemessen werden.
Der Mars von Giambologna
Eine der berühmtesten Kleinbronzen war schon zu Giambolognas Lebzeiten der Mars. Mehrere Exemplare aus seiner Werkstatt sind belegt, drei davon gelten als eigenhändig, und der Liechtenstein-Mars ist zweifellos der qualitätvollste von ihnen.
Die legendären Mythen des Altertums aufgreifend deutete der Künstler sie visuell neu, in bewegten, das Gleichmass wahrenden Formen. Dabei überstiegen Giambolognas Kompositionen in ihrer Komplexität alles bisher Dagewesene.
«Giambologna war ein Meister im Erschaffen allansichtiger Bildwerke, und es erstaunt immer wieder, welche Genialität er darin entfaltete. Niemals lassen sich Figuren wie der Mars von nur einem Standpunkt aus befriedigend erfassen. Immer wieder neu regen sie dazu an, sich weiterzubewegen oder sie in der Hand zu drehen, um neue Ansichten, Gestaltungselemente oder verblüffende Details zu entdecken», so Dr. Stephan Koja, Direktor der Fürstlichen Sammlungen, im Vorwort des Begleitbandes «Körper der Macht – Der Mars von Giambologna».
«So kommt Bewegung, ja Leben in die Erfahrung dieser Kleinbronzen, ein unaufhörlicher Antrieb, weiter und noch vollkommener entdeckt zu werden. Hinzu kommt die beeindruckende Monumentalität von Giambolognas Arbeiten. Sähe man den Mars nur in Photographien und wüsste man nicht um seine tatsächliche Grösse, so nähme man an, eine monumentale, womöglich sogar überlebensgrosse Statue vor sich zu haben. Dazu trägt sicherlich auch die überwältigende Qualität bis ins Detail bei, die sich erst bei Nahsicht wirklich begreifen lässt.»
Die kunstreiche Epoche der Spätrenaissance
Zu sehen sind in der Ausstellung weitere ausgewählte Kleinbronzen aus den Fürstlichen Sammlungen, die nach Entwürfen und Modellen Giambolognas und seiner Werkstattmitarbeiter entstanden sind, darunter Antonio sowie Giovanni Francesco Susini, Pietro Tacca und Adriaen de Vries. Dadurch werden nicht nur Giambolognas Meisterschaft und die herausragende Qualität des Mars augenscheinlich; in der fokussierten Betrachtung der präsentierten Bronzen können zudem Unterschiede in der Bearbeitung, der Patinierung und in der Feinheit der Ausführung nachvollzogen werden. Gemeinsam mit weiteren hochkarätigen Kunstwerken aus den Fürstlichen Sammlungen begibt sich die Ausstellung in das Florenz der Medici und beleuchtet die kunstreiche Epoche der Spätrenaissance. Zugleich würdigt sie Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein als Kunstliebhaber und Mäzen, der sich in die lange Tradition der Fürsten als Sammler einreiht.
Quelle Text: © www.liechtensteincollections.at