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Ein Jahrzehnt GedankenBerg: Jubiläum, Begegnung und der nicht geworfene Stein

Ein Jahrzehnt GedankenBerg: Jubiläum, Begegnung und der nicht geworfene Stein

Eduard Neuhaus, Gemeindepräsident Sevelen und Barbara Samu-Schneider gratulieren zum Jubiläum
Eduard Neuhaus, Gemeindepräsident Sevelen und Barbara Samu-Schneider gratulieren zum Jubiläum

Ein Jahrzehnt GedankenBerg: Jubiläum, Begegnung und der nicht geworfene Stein
Am 1. Mai 2015 wurde der GedankenBerg in Sevelen eröffnet. Seit der Idee zu diesem Projekt am Storchenbüel haben Mali Gubser und Gert Gschwendtner unermüdlich Zeit, Herzblut und Energie in dieses selbstfinanzierte, begehbare Kunstobjekt gesteckt. Jedes Jahr von 1. April bis 1. November lädt der GedankenBerg von 9.00 bis 20.00 Uhr alle Besucherinnen und Besucher ein, seine Wege zu erkunden, innezuhalten und sich von seiner besonderen Atmosphäre inspirieren zu lassen.
Der GedankenBerg ist eine lesbare, ikonische Projektion von ethischen Konzepten mit 18 Stationen, ein Ort des Innehaltens und der feinen Wahrnehmung.

Mali Gubser, Kunststiftung GedankenBerg

Am 10. und 11. Oktober 2025 wurde das zehnjährige Jubiläum gefeiert. Während am Freitag Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kunst, Freunde und Unterstützerinnen und Unterstützer zusammenkamen, folgte am Samstag die öffentliche Feier. In ihrer Begrüssungsrede erinnerte Mali Gubser mit Stolz und Freude daran, wie aus einem versteckten Ort ein Platz entstanden ist, an dem Menschen verweilen, Gedanken frei werden, Begegnungen stattfinden – und die Kunst ein stiller, aber offener Partner ist. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit ist es wichtig, Abstand vom Alltag zu gewinnen, Kraft zu schöpfen und neue Energie zu tanken. In den vergangenen zehn Jahren haben unzählige Besucherinnen und Besucher – einzeln oder in Gruppen – den Kunstpark erkundet, seine Atmosphäre aufgesogen und sich von seinen Impulsen inspirieren lassen.

Bei einem feinen, kreativ gestalteten Abendessen spiegelten sich die Prinzipien des GedankenBergs wieder: Jede Vorspeise, jede Hauptspeise und selbst das Dessert waren mit kleinen Anspielungen an Kunst, Natur und die Idee des Berges inszeniert – ein köstliches, kulinarisches Genusserlebnis. Der Jubiläumsanlass wurde musikalisch umrahmt von den Klangsteinen des Thurgauer Künstlers Arthur Schneiter. Seine geheimnisvollen, schwebenden Töne entführten die Gäste in eine eigene Welt – ganz im Einklang mit der Idee des GedankenBergs: Kunst als sanfte Berührung, als Dialog zwischen Klang, Stein und Mensch.

GedankenBerg: Vision und Philosophie

Gert Gschwendtner beschreibt den GedankenBerg als einen Ort, der aus dem Wunsch entstanden ist, einen bisher ungenutzten Gartenraum sinnvoll zu gestalten. «Ziel war es, die natürlichen Gegebenheiten – Hügel, Bäume, Sträucher – zu einem Ort der Begegnung, des Innehaltens und der Meditation zu formen. Die Wege dienen als Gedankengänge: Sie laden ein, in Ruhe nachzudenken, zu reflektieren und die eigene Aufmerksamkeit zu bündeln.

Die Kunstobjekte entlang der Strecke sind bewusst sparsam und ohne belehrenden Anspruch gestaltet – sie sollen keine ideologische Überfrachtung haben, keine gängelnden Grundeigenschaften – sondern anregen, selbst zu denken. Sie fungieren als geistige Geländer, die den Besucherinnen und Besuchern helfen, sich im Dschungel eigener Gedanken festzuhalten, ohne verloren zu gehen. In einem landwirtschaftlichen Umfeld, eingebettet mitten im Dorf, mit seinen lebendigen Geräuschen, Lichtern und Bewegungen, entstehen so kleine Ruheorte, aktionsfreie Plätze, an denen Entspannung und Selbstreflexion möglich sind.

Das war die Grundidee – nennen wir es Kunstpark. Am Anfang verstanden dies viele nicht, besonders jene, die an traditionellen Kunstbegriffen festhielten. Es geht nicht um Sensation oder Effekthascherei, sondern um meditative Ruhe. Meditation bedeutet hier, einem Gedankengang zu folgen, eine kritische Selbstanalyse zu beginnen, bis man zu eigenen Erkenntnissen gelangt – vielleicht sogar die eigenen Begrenzungen überwindet.

Mali Gubser hatte die wunderbare Idee, den Garten zugänglich zu machen – keine Zäune, keine Einschränkungen, jeder ist willkommen. Nun besteht der GedankenBerg seit zehn Jahren. In dieser Zeit besuchten viele Menschen aus der Region, aber auch überregional aus Deutschland, Österreich und darüber hinaus, den Inselpark mitten im Dorf.»

Gert Gschwendtner vergleicht den Hügel mit einem grossen Blätterteig aus Gedanken: eine Vielzahl von Ideen, Beobachtungen und Reflexionen, die sich zu einem Ganzen verbinden. Ruhe und Stille werden bewusst geschaffen, um in der heutigen, von Informationsflut geprägten Zeit einen Gegenpol zu setzen. Besonders symbolträchtig ist der Sisyphos-Stein. Er erklärt: «Der Sisyphos wirft den Stein nicht, er verliert ihn, und der Stein rollt den Berg hinunter. So entsteht ein Weg – ein Zugang zum Berg.» Der Stein steht für die Überwindung scheinbarer Aussichtslosigkeit und für die geistige Kraft, die notwendig ist, um Hürden zu bewältigen. Auf ihm ist zu lesen: Mut und Freude des Sisyphos.

Im Rahmen des Jubiläums zeigt sich diese Philosophie auch in der neuen Ausstellung: «Der nicht geworfene Stein» – ein Werk, das zum Nachdenken anregt und den Geist des Ortes verkörpert.

«Der nicht geworfene Stein»
Im Rahmen der Feierlichkeiten wurde die Ausstellung «Der nicht geworfene Stein» eröffnet – eine Installation, die sich als zeitgemässe Friedensinitiative versteht. Sie steht für einen bewussten, reflektierten Umgang mit Konflikten und Entscheidungen und lädt dazu ein, innezuhalten und über die Konsequenzen des eigenen Handelns nachzudenken.
Das Nichtwerfen eines Steins mag auf den ersten Blick unscheinbar erscheinen – doch in seiner Symbolik trägt es eine tiefe Botschaft: Es steht für Dialog, Besonnenheit, Würde und Menschlichkeit. Im Gegensatz dazu wird das Steinwerfen als ein Akt gesehen, der leicht zerstörerische Kräfte freisetzen kann – sei es durch Unachtsamkeit, Konkurrenz oder Aggression.
Die Installation lenkt den Blick auf die vielen Formen des Steinwerfens – vom spielerischen Wurf bis hin zur gewaltsamen Tat – und stellt die Frage nach Verantwortung und Haltung.
So wird «Der nicht geworfene Stein» zu einem stillen Denkmal für Humanismus und aktive Friedfertigkeit – ein Werk, das weit über den Jubiläumstag hinausreicht.

Quelle: Text und Fotos: ©  exlusiv / Silvia Abderhalden

Einblick in den Brief vom Kulturhorizont – Gert Gschwendtner, «ein nicht geworfener Stein», erste Zeilen: «Tiefe Schnitte lösten aus dem Gedächtnis des GedankenBerges kleine Felsstücke. Bronzenes Wundsekret sickert aus dem Bergwerk und richtet sich auf zu einer Figur und sie gleicht dem menschlichen Täter. Er verantwortet die Verletzungen der Vergangenheit und die kostbaren Bruchstücke des zu Tage geförderten. Im Fels sind auch Steine gewachsen, die noch nie geworfen wurden. Es gibt ihn, den nicht geworfenen Stein. ...»

Quelle: Brief vom Kulturhorizont © Gert Gschwendtner

Von Gert Gschwendtner

BESTANDSAUFNAHME

Der verletzte Stein der Weisen ist ein Granitkiesel aus dem Alpenrhein und wurde vom Urheber schon vertikal an vier Seiten beschnitten. 
Zur Analyse erfolgten sieben waagrechte Schnitte, die das Innere des Steins freigaben. Dadurch erhielt der Stein weitere Deformationen. Aus der obersten Schicht, der gewölbten Kruste, wurde ein Stück abgebrochen, er ist sichtlich verletzt.

Der Stein wurde Schicht für Schicht aufgenommen, wie ein Gehirnscan und die reflektierenden Goldanteile neben den Mineralanteilen festgehalten. Die Goldanteile beinhalten teilweise Rahmenstrukturen und Wortelemente, die sich zu -Texten fügen lassen. Die Schichten folgen im Abstand von ungefähr einem Centimeter aufeinander. Die inneren vier Schichten weissen ein Loch auf mit vier Centimeter Durchmesser. Der gesamte Stein wurde wieder rekonstruiert und zusammengefügt mit all seinen Verletzungen. …

Quelle: Seite 1 des Faltbuches ©  Gert Gschwendtner

10 Jahre GedankenBerg – Impressionen vom Jubiläumsanlass

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