Erleben, hören, fühlen, sehen: Warum vor Ort vieles klar wird
Für diese Arbeit ist es wichtig, die Projekte vor Ort selbst kennenzulernen. Julia’s erste Reise mit Tanja nach Burkina Faso führte sie diesen Oktober in die Hauptstadt Ouagadougou und in die ländliche Region Ziniaré, wo sie die Einrichtungen besuchten, und die Menschen trafen, die von den Projekten und Leistungen profitieren. «Wir wollten nicht nur sehen, sondern auch hören und spüren, was unsere Unterstützung wirklich bewirkt», sagt Julia. Und genau das erlebten sie: Kinder aus ärmsten Verhältnissen, die dank Schülerpatenschaften eine Bildung erhalten und trotz widriger Umstände lachen und lernen; engagierte Mitarbeitende aus den Projekten, die tagtäglich alles geben; Familien, die durch die Hilfe des Vereins eine echte Perspektive bekommen und ein unglaublich herzliches, gastfreundliches Volk.
Burkina Faso liegt in der Sahelzone und ist bekannt für sein extremes Klima: in den Hitzeperioden steigt das Thermometer auf bis zu 50 Grad, während die Regenzeit immer kürzer und intensiver wird. Die Hauptstadt Ouagadougou pulsiert Tag und Nacht. Auf den Strassen herrscht reges Treiben: Autos, LKWs, Zweiräder, Eselkarren, Menschen und freilaufende Tiere teilen sich die Strasse. In den ländlichen Gegenden hingegen bietet sich ein anderes Bild: ein Zuhause besteht oft aus einem ummauerten Innenhof, der als Küche, Wohnzimmer und Arbeitsort dient sowie einem kleinen, vielleicht zehn Quadratmeter grossen Häuschen, das als Schlafzimmer genutzt wird. Die Strassen bestehen aus Schotter und Sand – hier vorwärtszukommen ist eine gewisse Herausforderung. Solche Eindrücke sind elementar, um gezielt Hilfe leisten zu können und die Projekte vor Ort sinnvoll zu gestalten.
Praktisch und wirkungsvoll: Lösungen, die helfen
«So merkt man auch schnell: Lösungen, die wir von zu Hause kennen, funktionieren hier oft nicht. Ein Krankenwagen sieht in Burkina Faso zum Beispiel nicht ganz so aus wie bei uns. Tanja, unsere Präsidentin, erzählte von dem Anschaffungsprozess eines solchen für das medizinische Zentrum SHALOM und der Diskussion über die enorm hohen Anschaffungskosten eines solchen Fahrzeugs. Unsere Partner erklärten dann aber, dass ein Krankenwagen wie wir ihn aus Liechtenstein kennen natürlich teuer ist, aber gar keinen Sinn macht und auch nie die Idee war – ein 4x4-Pick-up wäre die beste Lösung. Er kommt überall durch, auch auf Schotter- und Sandstrassen und während der Regenzeit. Die Kranken werden auf dem Pick-up sicher auf einer Matratze zur medizinischen Versorgung transportiert und auf dem Rückweg werden Reis und andere Güter geladen, sodass das Fahrzeug maximal effizient genutzt wird. Genau solche sinnvollen praktischen Umsetzungen bedarf es zu erkennen und zu nutzen.
Persönliche Begegnungen, die bewegen
Wir haben auf unserer Projektreise zahlreiche bleibende Begegnungen erleben dürfen, zwei davon begleiten mich besonders. Mit dem Mutter-Kind-Gesundheitsprogramm machen die Teams vor Ort auch Hausbesuche. Ein Arzt und eine Hebamme reisen in ländliche Regionen, erkunden die Situation vor Ort, nehmen Gesundheitsmassnahmen vor, klären auf, verteilen Nahrungsmittel und führen Impfungen durch. Wir durften das Team auf so einer Runde begleiten und kamen in einen Innenhof mit zwei Familien, die vor dem herrschenden Terror in den Grenzgebieten ins Landesinnere flüchten mussten. Wir standen dann vor einer Holzhütte mit einem Dach aus Bast und Tüchern und die Menschen konnten sich kaum verständigen, weil die Dialekte so unterschiedlich sind. Junge Mütter wissen oft nicht, wie sie ihre Kleinen versorgen sollen und diese Familie hatte bei ihrer Flucht alles zurücklassen müssen. Als das Team von SHALOM die Familien zum ersten Mal traf, waren die Kinder unterernährt und krank. Aber durch die regelmässigen Besuche und Abgabe von proteinreichen Nahrungsergänzungsmitteln verbesserte sich ihr Zustand rasch. Das so zu sehen, war sehr eindrücklich. Es zeigt, wie hart der Alltag sein kann. Gleichzeitig wurde mir aber auch sehr bewusst, was wir mit unserer Unterstützung bewirken können, denn diese zwei kleinen Kinder hätten es ohne Hilfe nicht geschafft.
Ein weiteres Treffen, das mich sehr berührt hat, war mit Viviane. Sie ist Anfang 20, taubstumm und wurde seit ihrer Kindheit von uns begleitet. Das Leben mit einer Einschränkung ist in Burkina Faso besonders schwierig. Wir haben sie bereits in der Primarschule unterstützt, später in der Sekundarschule. Sie machte eine Ausbildung zur Schneiderin, wurde selbstständig und kann heute eigenständig arbeiten. Ihr Geschäft läuft gut und sie konnte sogar schon etwas Geld zur Seite legen – das ist eine riesengrosse Leistung. Zu unserem Treffen organisierte sie einen Übersetzer für Gebärdensprache, weil es ihr wichtig war mit uns sprechen zu können. Ihre Energie, ihre Zuversicht und ihr Wille voranzukommen, aber auch ihre herzliche Art, haben mich wirklich berührt. Ihre Geschichte ist für mich ein Sinnbild für das, was wir machen – Menschenleben verändern und Chancen bieten, die eine neue Zukunft ermöglichen. Das motiviert mich unglaublich.