Liechtensteinisches LandesMuseum
Ostereierpräsentation 2021
Es war einmal … Eier erzählen Geschichten
Als Auftakt zur Sonderausstellung «Märchen, Sagen und Symbole» zeigt die diesjährige Ostereierpräsentation im Liechtensteinischen LandesMuseum Eier aus Liechtenstein, der Schweiz, Österreich und Deutschland, die mit ihren Motiven Märchen der Brüder Grimm, Fabeln von Aesop sowie Sagen aus Liechtenstein illustrieren. Damit werden 25 ausgewählte Eier aus der ehemaligen Sammlung von Adulf Peter Goop (1921–2011) zu Vermittler für tradiertes Erzählgut.
Fabeln – Aesop und seine Nachfolger
Fabeln sind kurze und lehrhafte Erzählungen, in denen oft Tiere mit Sprach und Vernunft in der Rolle von Menschen auftreten. Sie dienen als Spiegel für menschliche Eigenschaften, Fehler und Schwächen. Durch ihre Moral sollen die Fabeln zum Nachdenken anregen. Die berühmtesten Fabeln stammen von dem Griechen Aesop. Auf dessen Fabeln bezog sich auch der römische Dichter Phaedrus. Er schrieb sie allerdings in Versform und machte aus der griechischen eine eigenständige lateinische Form. Die bekanntesten Fabelsammlungen der Neuzeit stammen unter anderem von Martin Luther, Jean de La Fontaine und Gotthold Ephraim Lessing.
Der Hahn und der Diamant – Aesop (6. Jahrhundert vor Chr.)
Oder: Das Stücklein Brot, das dich ernährt, ist mehr als Gold und Perlen wert.
Ein hungriger Hahn scharrte auf einem Misthaufen nach Fruchtkörnern und fand einen Diamanten. Unmutig stiess er ihn beiseite und rief aus: «Was nützt einem Hungrigen ein kostbarer Stein; sein Besitz macht wohl reich, aber nicht satt. Wie gerne würde ich diesen Schatz um nur einige Gerstenkörner geben.»
Glasei, mundgeblasen, Hahnmotiv
in Diamantschliff, Maria Klotz-Schelbert, Schweiz, keine Angabe zur Datierung.
Sagen aus Liechtenstein
Sagen wurzeln in der Welt des Übernatürlichen und Wunderbaren. Im Unterschied zu den Märchen ist ihr Schluss oft pessimistisch. Der Begriff «Sagen» im heutigen Sinn wurde von den Brüdern Jacob (1785–1863) und Wilhelm (1786–1859) Grimm geschaffen. Das Wort «Sage» geht auf althochdeutsch «saga» für sagen, erzählen zurück. In früheren Zeiten wurden Sagen an Abenden in der Gemeinschaft erzählt. Meist sind sie ortsgebunden. Dennoch sind geografische oder örtliche Angaben kein garantierter Hinweis für die Entstehung, denn in viele Wandersagen wurden jeweils lokale oder historische Gegebenheiten aufgenommen. In Liechtenstein begann das Sammeln von Sagen relativ spät. «Sagen aus Liechtenstein» von dem Vaduzer Lehrer Otto Seger (1907–1988) erschien 1966/1980 und ist mit über 200 Sagen die umfangreichste Sammlung.
Die Sage vom Geist im Schlosszimmer erzählt von einem jungen Vaduzer, der mit seinen Kameraden die Wette abschloss, eine Nacht alleine in einem Zimmer auf Schloss Vaduz zu verbringen, in dem jede Nacht um zwölf Uhr ein Geist erscheinen soll.
Gänseei, ausgeblasen und bemalt
mit Schloss Vaduz, Christa Falk,
Liechtenstein, 1999.
Märchen der Brüder Grimm
Die aus Hessen stammenden Brüder Jacob (1785–1863) und Wilhelm (1786–1859) Grimm gelten als die ersten grossen Sammler von Märchen und Sagen. Sie wollten die im Volk überlieferten Erzählungen sowie den Zauber im Alltag der Menschen erhalten, der sich durch die Industrialisierung stark veränderte. Der erste Band der «Kinder- und Hausmärchen» erschien 1812, der zweite 1815. 1823 wurde die englische Übersetzung veröffentlicht – zum ersten Mal mit Illustrationen. Mit der 1825 erschienenen und nun ebenfalls illustrierten «Kleinen Ausgabe» wurden die Brüder weltberühmt. Sie haben über zweihundert mündlich oder schriftlich überlieferte Erzählungen zusammengetragen, stilistisch bearbeitet und entsprechend ihrer Vorstellung von «Volkspoesie» umgeformt.
Das Märchen Die sechs Schwäne wurde schon in der ersten Ausgabe der Kinder- und Hausmärchen von 1812 aufgeführt. Es erzählt von einem König und seinen sechs Söhnen, die von der bösen Stiefmutter in Schwäne verzaubert und nur durch die Hingabe der Tochter wieder erlöst werden können.
Schwanenei, ausgeblasen, Schwanenmotiv in Relieftechnik, Emilie Swoboda, Schweiz, wohl 1985.
fotos: © sven beham / text: © lic.phil. sabina braun
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