Tour de Suisse 2009
Prolog der Tour de Suisse zum 1. Mal in Liechtenstein
Peter Rutz, OK Präsident, Tour de Suisse Prolog in Liechtenstein
Baron
von Falz-Fein war selbst ein begeisterter Radfahrer. In erster Linie
wollte er aber mit seinen Bestrebungen, die Tour de Suisse nach
Liechtenstein zu bringen, den Tourismus fördern und unterstützen. Er
wusste, wenn die Tour de Suisse in Liechtenstein ein Etappenziel hat,
ist der Fokus der Medien auf das Land gerichtet.
Zehn
Jahre später ging es weiter. Am 18./19. Juni 1957 bereiteten 4’000
Zuschauer den Fahrern am Ziel der siebten Etappe Lugano-Vaduz (204 km)
einen begeisterten Empfang. Die 19-köpfige Spitzengruppe, mit allen
Favoriten und - zur grossen Freude der Zuschauer - mit dem im 14. Rang
klassierten Liechtensteiner Alois Lampert, wurde von Colombo Cassano
(ITA) gemeistert.
1976 war die legendäre Etappe Gaflei. Eine
der wohl härtesten Bergankünfte der gesamten Tourgeschichte. Die Fahrer
hatten bei hochsommerlichen Temperaturen anlässlich der dritten Etappe
Amden - Gaflei 170 km zu bewältigen, wobei der amtierende Weltmeister
und spätere Gesamtsieger Hennie Kuiper (NED) einen eindrücklichen
Solosieg feierte. Die anschliessende vierte Etappe Vaduz - Lenzerheide
(108 km) gewann Michel Pollentier (BEL). Ich kann mich erinnern: Ich
war 1976 vierzehn Jahre alt und bin ebenfalls mit dem Rad nach Gaflei
gefahren, im Grunde genommen war es der Beginn meiner
Radfahrer-Karriere. Ich war mit voller Begeisterung dabei, aber ich
hatte damals noch keine Ahnung, was hinter so einer Etappe, respektive
hinter dem Ganzen steckte.
exclusiv: Wo begann die Geschichte aktiv für Sie?
Peter Rutz:
Es war interessant, es gab Bestrebungen, im 2004 eine Etappe der Tour
de Suisse zu bekommen. Ein Initiativkomitee erhielt das Ziel in Malbun
und den Start in Buchs. Damals kam Patrik Schädler (Vize-Präsident ISL)
auf mich zu. Ich konnte in die Organisation «reinschnuppern» und wir
haben festgestellt, dass das OK, welches zu diesem Zeitpunkt noch
grenzüberschreitend arbeitete, getrennt werden musste. So entstanden
zwei OKs: Buchs mit Werdenberger Tourismus für den Schweizer Start und
Triesenberg mit Bergankunft Malbun für Liechtenstein. Im Vorfeld war
ich ab 1997 Präsident vom Radfahrerverband. Hier findet die Geschichte
auch einen Zusammenhang, es entstanden Synergien zwischen dem Baron
Falz-Fein und mir. Ich hatte immer Kontakt zu ihm, seine Arbeit, seine
Begeisterung und seine Initiative hat mich fasziniert.
Dazu eine
kleine Anekdote: Baron Falz-Fein schenkte mir ein Buch, ein Portrait
von ihm. In dieses Buch schrieb er mir: «Dem besten Präsidenten des
Radfahrerverbandes nach mir.» Das war ein grosses Kompliment für mich,
fantastisch.
exclusiv: Hinter Ihrer Aussage steckt sehr
viel Begeisterung und auch Ehrfurcht, man spürt, dass Sie mit dem
ganzen Herzen dabei sind. Was hat zum Erfolg geführt?
Peter Rutz:
Im 2004 wurde der Österreicher Georg Totschnig Solosieger der
Bergankunft in Malbun. Es war wiederum ein sehr schöner Anlass. Wir
hatten eine gute Organisation, spürten aber, dass die Abstände - 1987,
1999, 2004 - zu gross sind. Wir setzten uns mit dem damaligen
technischen Leiter der Tour de Suisse, Toni Rominger zusammen. Unser
Wunsch, einen längerfristigen Vertrag zu erhalten, wurde zur Kenntnis
genommen. Die gute Organisation von 2004 führte 2005 zur Anfrage der
Tour de Suisse für einen Etappenstart in Liechtenstein, den wir gerne,
obwohl sehr kurzfristig, annahmen. Mit der Annahme des Vertrages 2005
kam unser Wunsch nach einem längerfristigen Vertrag wieder ins
Gespräch, und wir konnten einen Vertrag mit der Option 2007, 2009 und
2011 unterschreiben. Im Juni 2007 war Triesenberg-Malbun das Ziel
einer Etappe der Tour de Suisse. 2009, dieses Jahr mit dem wirklich
grossen Prolog und 2011 irgendwo, das steht noch in den Sternen,
vielleicht wieder Malbun. Für uns, aus Sicht der Organisatoren ist
diese Langfristigkeit sehr wichtig zum Planen und Budgetieren, zu
diesem Zweck wurde der Verein ISL Patronats-Träger. Heute geht die
Finanzierung in erster Linie über die öffentliche Hand (Regierung), die
Gemeinden und private Sponsoren.
exclusiv: Nun steht das grösste Sportereignis das es je in Liechtenstein gegeben hat vor der Tür, darf man sagen Ziel erreicht?
Peter Rutz:
Mit 2009 ist die Tour de Suisse das zwölfte Mal in Liechtenstein, aber
das erste Mal in der Geschichte ist der Auftakt hier in Liechtenstein.
Der Auftakt das heisst, am 13. Juni 2009 startet der ganze Tross der
Tour de Suisse hier aus Liechtenstein. Quasi also das was Baron
Falz-Fein immer wollte wird Realität. Ein Auftakt in Liechtenstein!!!
Ich habe vor ein paar Wochen mit dem Baron gesprochen, er hat eine
Riesenfreude. Er feiert am 14. September seinen 97. Geburtstag und
möchte unbedingt dabei sein, denn mit dem Auftakt der Tour de Suisse
geht ein Lebenstraum von ihm in Erfüllung.
exclusiv: Was bedeutet es für Sie persönlich?
Peter Rutz: Es
ist für mich so ein wenig auf den Spuren des Barons zu gehen, ein
Lebenstraum wird wahr. Mich persönlich freut es unglaublich, dass es
geklappt hat. Dass wir das Vertrauen der IMG erhalten haben, das ist
ein absolut fantastisches Highlight für uns. Es wird einmalig sein, und
es wird wahrscheinlich auch einmalig bleiben.
exclusiv: Es ist wahrscheinlich auch mit einem einmaligen Aufwand verbunden?
Peter Rutz:
Es ist aus organisatorischer und logistischer Sicht eine riesige
Herausforderung. Es werden rund 1’600 akkreditierte Leute anwesend
sein. Das heisst Übernachtungen, Verpflegungen, Sicherheit,
Infrastruktur. Natürlich geht vieles über die Tour de Suisse selber,
aber trotzdem, die Leute müssen am 13. Juni bei uns in Liechtenstein
verpflegt werden, sie brauchen Hotels und Unterkünfte plus jeweilige
Infrastrukturen für gesicherte Abläufe. Die Strecke muss komplett
abgesperrt sein, sie führt von Mauren nach Ruggell, das ist eine
Strecke von rund 7.5 km, der ganze individuelle Verkehr muss umgeleitet
werden. Wir haben eine grosse Unterstützung des Bauamtes und der
Landespolizei. Das Ganze benötigt natürlich eine offizielle Verfügung,
dass man es überhaupt durchführen darf und eine Bewilligung. Es braucht
eine Bewilligung aus jeder einzelnen Gemeinde die involviert ist. Und
es benötigt die Gewährleistung der kompletten Sicherheit. Also ich
denke da werden ca. 250 Leute alleine an der Streckensicherheit und an
der Parkplatz Bewirtschaftung mit allem drum und dran beschäftigt sein.
Wir haben einen Sachbearbeiter vom LBA im OK, dieser hat uns einen Plan
vom öffentlichen Verkehr gemacht. Die Bevölkerung kann den ganzen Tag
gratis mit dem Bus fahren. Das heisst, wenn ich an diesem Samstag an
die Tour de Suisse will, kann ich irgendwo in Liechtenstein in den Bus
einsteigen und werde dann via Schaan, Bendern zu den Etappenorten
geführt, also zum Ziel in Ruggell, zum Start in Mauren oder nach
Gamprin.
exclusiv: Das bedeutet eine sehr gute Organisation aller Beteiligten?
Peter Rutz:
Land, Gemeinden, Unternehmen bis hin zu jeder Privatperson. Wir haben
alle Firmen angesprochen, welche ihr Unternehmen an der Rennstrecke
haben und darauf aufmerksam gemacht, dass der Verkehr umgeleitet wird,
dass es an gewissen Punkten nicht möglich ist, das Gebäude zu erreichen
oder zu parkieren. Wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten. Es
gibt sehr initiative Unternehmer, die den Anlass als Plattform nutzen
und etwas daraus machen. Drei Stunden, d.h. von 15.00 Uhr bis 18.15 Uhr
läuft das Zeitfahren. Jede Minute kommt ein Rennfahrer, es sind 160
Fahrer, welche die Strecke im Renntempo bestreiten. Dazu kommt ein
Begleitmotorrad und ein Begleitauto. Von 17.00 Uhr bis 18.30 Uhr werden
Live-Bilder aus Liechtenstein übertragen, und wenn es so wie 2007 ist,
mit den wunderschönen Bergbildern, einzigartiges Wetter, dann werden
diese Bilder in die Welt hinausgetragen, eine Image-Werbung, wie wir
sie uns besser nicht wünschen können.
Ganz sicher wird dies der
grösste Sportanlass, der je in Liechtenstein statt gefunden hat. Im
voraus möchte ich mich bei allen Beteiligten herzlich bedanken. Mein
besonderer Dank geht an die öffentliche Hand, das heisst das Land
Liechtenstein, Gemeinden Mauren, Gamprin, Ruggell und Schellenberg, die
uns sehr unterstützen. Schellenberg ist nicht an der Rennstrecke, wird
aber vom ganzen Tross als Rückfahrtsstrecke ans Ziel genutzt. Ohne
Mithilfe und Unterstützung von Bauamt, Landespolizei, Gemeinden und
Bevölkerung wäre es nicht möglich, einen solchen Anlass zu bewältigen.
Es ist die Erfüllung eines grossen Traums.
fotos + texte: © exclusiv