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Vorstellung der Studie: Präventive Aussenpolitik – Erfolgsbedingungen für Souveränität und Prosperität im Fürstentum Liechtenstein

Vorstellung der Studie: Präventive Aussenpolitik – Erfolgsbedingungen für Souveränität und Prosperität im Fürstentum Liechtenstein

(v.l.) S.D. Prinz Nikolaus von Liechtenstein, Prof. Dr. Michael Ambühl, Prof. Dr. Michael Wohlgemuth, S.D. Prinz Michael von Liechtenstein, Johannes Matt, Dr. Matthias Donhauser
(v.l.) S.D. Prinz Nikolaus von Liechtenstein, Prof. Dr. Michael Ambühl, Prof. Dr. Michael Wohlgemuth, S.D. Prinz Michael von Liechtenstein, Johannes Matt, Dr. Matthias Donhauser

Seit 2018 veröffentlicht die Stiftung für Staatsrecht und Ordnungspolitik (SOuS) Studien zu den ordnungspolitischen und staatsrechtlichen Erfolgsfaktoren des Fürstentums Liechtenstein. Die meisten davon haben sich bisher eher mit inneren Erfolgsfaktoren beschäftigt.

Vorausschauende oder präventive Aussenpolitik als wesentliche Voraussetzung für den Erfolg eines Kleinstaats waren die Stichworte, die in einer Diskussion zum Thema «Wie weiter im EWR und mit Europa» fielen und zu den Auslösern für die neue Studie «Präventive Aussenpolitik» von Prof. Dr. Michael Wohlgemuth, Forschungsbeauftragter der Stiftung SOuS, gehörten.

Johannes Matt, Präsident des Stiftungsrats der Stiftung für Staatsrecht und Ordnungspolitik (SOuS), begrüsste zahlreiche interessierte Gäste zur Studienpräsentation an der Privaten Universität in Liechtenstein. In seiner Einführung betonte er, wie entscheidend eine vorausschauende Aussenpolitik für politische Souveränität und wirtschaftliche Prosperität, insbesondere in Kleinstaaten, ist. Er wies darauf hin, dass Liechtenstein als einziges Mitglied des einstigen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation heute unverändert auf der europäischen Landkarte präsent ist und einen Sitz in den Vereinten Nationen innehat. «Historisch betrachtet spielte neben Glück auch die Tüchtigkeit und der Mut eine bedeutende Rolle, besonders in der Aussenpolitik», so Johannes Matt.

Heute stellen sich für die Aussenpolitik enorme Herausforderungen. Kann man davon ausgehen, dass der EWR noch weitere 30 Jahre besteht? Wie wird die EU in 30 Jahren aussehen? Kommt es zum Kollaps der liberalen Wirtschaftsordnung? Kommt es zur weiteren Aushöhlung des Völkerrechts? Keiner kann dies wissen, doch eine präventive und antizipative Aussenpolitik sollte solche Szenarien berücksichtigen. Auch dies waren Themen des Gesprächsabends. Wie sollte die Aussenpolitik eines Kleinstaats im 3. Jahrtausend aussehen, worauf muss sie sich einstellen? 

Zu diesem Thema begrüsste Johannes Matt zwei kompetente Gäste, die aus Sicht der Schweiz und Liechtensteins sprachen und in einem Podiumsgespräch mit Prof. Dr. Michael Wohlgemuth darauf eingegangen sind.

S.D. Prinz Nikolaus von Liechtenstein, der 10 Jahre lang als ständiger Vertreter Liechtensteins beim Europarat in Strassburg die Europapolitik des Landes entscheidend geprägt hat und zudem Leiter der liechtensteinischen Verhandlungsdelegation für das Abkommen zum Beitritt zum EWR war sowie Prof. Dr. Michael Ambühl, der Botschaftsrat bei der EU-Mission in Brüssel und Mitglied der Verhandlungsdelegation für die Bilateralen I war. Im Jahr 1999 ernannte ihn der Bundesrat zum Chef des Integrationsbüros EDA/EVD. In dieser Eigenschaft war er 2001–2004 Unterhändler der Bilateralen II.
1999 wurde er zum Botschafter ernannt. Von Februar 2005 bis Februar 2010 war Michael Ambühl Staatssekretär der Politischen Direktion im Departement für auswärtige Angelegenheiten. In dieser Position trug er massgeblich zur Gestaltung und Durchführung der Schweizer Aussenpolitik bei. Heute ist Prof. Dr. Michael Ambühl Professor für Verhandlungsführung und Konfliktmanagement an der ETH Zürich. In dieser Rolle bringt er seine umfangreiche Erfahrung aus der Praxis in die akademische Welt ein und leitet Forschungen im Bereich präventiver Aussenpolitik. 

Die Anwesenheit von S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein unterstrich die Bedeutung des Themas. Eine antizipative, präventive sowie flexible und engagierte Aussenpolitik war historisch eine wichtige Zutat für das Erfolgs- und Resilienz-Rezept Liechtensteins und ist es auch heute noch. Über den präventiven Charakter der liechtensteinischen Aussenpolitik äusserte sich bereits sein Vater, S.D. Fürst Hans-Adam II., in einem Interview mit dem «Liechtensteiner Vaterland» im Jahr 2005: «Wir sind uns im Fürstenhaus immer bewusst, dass wir in der liechtensteinischen Aussenpolitik Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vorausdenken müssen.»

Die neue Studie «Präventive Aussenpolitik»

Die neue Studie «Präventive Aussenpolitik», die 140 Seiten umfasst, behandelt die Bedeutung einer vorausschauenden, präventiven Aussenpolitik für Souveränität und Wohlstand von Kleinstaaten im Allgemeinen und von Liechtenstein im Besonderen. Nach der Einleitung versucht die Studie das Gewirr stets auftretender Interdependenzen und Überlappungen mit folgender Gliederung zu strukturieren: Theorien und Ziele der Aussenpolitik, die grundsätzlich für alle Länder gelten sollten oder sogar müssen. Im Weiteren präsentiert die Studie besondere Aspekte der Aussenpolitik von Kleinstaaten, bei denen die Sicherung der Souveränität am besten durch eine Kombination aus starken bilateralen Beziehungen zu Nachbarn und der Einbindung in multilaterale Verträge und Organisationen gelingt. Ein nächster Teil widmet sich konkret der Aussenpolitik im Fürstentum Liechtenstein: Meilensteine, Aktualitäten, Herausforderungen und Szenarien werden beleuchtet. Mit einem kurzen Fazit schliesst Prof. Dr. Michael Wohlgemuth die Studie ab, die er den Gästen am Abend der Präsentation vorstellte.

Seine Rede begann Prof. Dr. Michael Ambühl mit der Feststellung, dass die derzeit stattfindenden Verhandlungen zu den Bilateralen III dazu dienen sollen, einen fairen Ausgleich mit der EU zu finden. Er wies jedoch auch auf die Unsicherheiten hin, die mit einem möglichen Austritt oder einer Erweiterung eines EWR-Mitglieds verbunden sind und betonte, dass auch die EU vor Herausforderungen steht. «Rund 12 Kandidatenländer im Südosten wollen beitreten – und diese können nicht ewig vertröstet werden», erklärte er.
Für Liechtenstein und die Schweiz sieht Prof. Dr. Ambühl in der präventiven Aussenpolitik eine Chance. Kleinstaaten hätten grosse Möglichkeiten, der internationalen Gemeinschaft gute Dienste zu leisten. Aufgrund ihrer geringen Machtfülle und ihrer pazifistischen Natur hätten sie eine gewisse Narrenfreiheit, Dinge beim Namen zu nennen.
Bezüglich der Beziehungen zwischen Liechtenstein und der Schweiz äusserte Prof. Dr. Ambühl: «Da gibt es nicht viel zu sagen, die sind sehr gut.» Er stellte jedoch die Frage, ob es nicht berechtigt wäre, Liechtenstein ein gewisses Mitwirkungsrecht in Bezug auf die Rechtsübernahme aus der Schweiz zuzugestehen, beispielsweise im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens.

S.D. Prinz Nikolaus bedankte sich bei Prof. Dr. Michael Wohlgemuth für die umfassende und nützliche Studie, die aus seiner Sicht sozusagen Pflichtlektüre sein sollte. Er bezeichnete die Schweiz als «fabelhaften Partner», dem man manchmal aus seiner Sicht die Dankbarkeit etwas stärker zeigen könnte. Generell sei die Aussenpolitik Liechtensteins in guten Händen. Vieles, was aus der Schweiz übernommen werde, lasse sich für Liechtenstein relativ leicht anpassen. Ausserdem hätten die Gesetze oft einen europäischen Ursprung. Solange der Spagat zwischen EU- und schweizerischem Recht nicht zu gross werde, seien die Probleme in Einzelfragen lösbar. Diese Solidarität mit der Schweiz wünsche sich Prinz Nikolaus auch im Verhältnis zur EU. «Wenn wir souverän sein wollen und auch unsere Nachbarn unterstützen wollen, müssen wir in der EU mitwirken. Und das betrifft auch materielle Aspekte. In diesem Zusammenhang sollten wir auch nicht vergessen, dass wir, noch mehr als die Schweiz, vom Verteidigungsschutz abhängig sind, der uns umgibt.»

Am Ende des Abends bedankte sich S.D. Prinz Michael von Liechtenstein, Vorsitzender der Stiftung SOuS bei allen Beteiligten für die interessanten Einblicke, die in ihren Grundsätzen das Ziel der Stiftung für Staatsrecht und Ordnungspolitik unterstrichen: klar zu machen, wie essenziell wichtig eine effiziente Aussenpolitik ist.

Weitere Informationen zur Stiftung und zum «Download» der Studie>

Vorstellung der Studie: Präventive Aussenpolitik

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