Gert Gschwendtner
Gert Gschwendtner begann seine Begrüssungsrede auf ungewöhnliche Weise – mit einem imaginären «Anruf» bei dem Schriftsteller Oskar Maria Graf (1894–1967). In einem fiktiven Dialog reflektierte er über die Frage, was er an diesem Abend zur Eröffnung sagen solle. Immer wieder liess er Anmerkungen des Schriftstellers einfliessen, die seine Worte in eine tiefgehende, philosophische Auseinandersetzung verwandelten. So wurde seine Eröffnungsrede nicht nur ein Beitrag zur Kunst, sondern selbst ein Kunstwerk aus Sprache und Gedanken. Nachfolgend ein Auszug seiner Rede:
«Der GedankenBerg hatte seine Winterpause. Jedoch war es kein sanfter erholsamer Winterschlaf. Die ganze Arbeitsgemeinschaft des GedankenBerges hat den schwachen Winter genutzt um den impulsgebenden Garten zu pflegen, von unten bis oben, innen und aussen.
Das Grosse Buch mit dem bronzenen Herz ist eingezogen am GedankenBerg. Von Bad Ragaz hierher war es nicht weit, aber gewichtig und dabei hat die Firma Fenometall uns wunderbar geholfen. Das Buch - Zusammen- öffnet seine Seiten und gewährt uns ganz knapp einen Blick auf die Möglichkeit der Organisation des Zusammenlebens. Heinz und ich haben exemplarisch zusammen gearbeitet, um dem Buch gerecht zu werden.
Ich danke ihm dafür und wir haben auch eine Innenraum Version dazu hergestellt, damit Zusammen auf Reisen gehen kann und den GedankenBerg vervielfältigt.
Alle sind wir unfreiwillig auf dieser Erde und können nicht davon laufen, oder warten bis irgendwer oder was für uns denkt. Wir müssen uns ständig entscheiden, wie wir zusammen leben wollen, oder die Lebensumstände entscheiden für uns. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass vieles, was wir entscheiden, schon durch menschlich interne Abläufe vorentschieden ist.
Wir haben als Menschen viele Jahrtausende überlebt, indem wir uns gegenseitig respektiert und unterstützt haben. Schwierig wurde es in den letzten paar Minuten unserer Geschichte mit dem Konzept der Herrschaft der Gelddiktaturen.
Das Buch -Zusammen- erweitert die einladenden Stationen in der Oase GedankenBerg sehr wesentlich, da es Anregungen geben kann zum grossen Kulturwandel, der zu beobachten ist.
Die neue Kultur legt sich seit geraumer Zeit wie ein Gletscher übers Land und wird vom GedankenBerg als widerständiger Stein geritzt und angehoben, sodass Spalten im Eis Sonne und Wasser auf den Grund scheinen lassen.
Die gefrierende Gewalt, gepaart mit verlogenen Einflüsterungen und kraftmeierischem Geplärr hat begonnen uns zu trennen und Gemeinschaften und Solidarität zu stehlen. In der Eiszeit der Humanität und Konkurrenz, die uns gegeneinander hetzt ist gerade hier ein freier Ort für Erinnerungen an eine Kultur der Aufklärung.
Alle existieren wir hier und können absichtlich im Gefängnis der Unwissenheit und der Knechtschaft bleiben, so wie es I.Kant beschreibt. Oder mit der Kraft des Sysiphos anpacken und einen Sinn erfinden, um ihn umzusetzen. Hier ist einer der wenigen Orte des freien und aufbauenden Denkens, ja auch frei von untergriffigem Meinungsterror.
Keine kitschigen Antworten, aber fragestellende Anregungen können hier gefunden werden. Das ist der rechte Ort um für sich einen konstruktiven und mitfühlenden Lebenssinn weiter zu entwickeln. Alle Stationen ergänzen sich zu einem Sentiero, einem gefühlvollen Weg voller Erinnerungen. Diese persönlichen Erlebnisse kenne ich nicht und in die will ich mich auch nicht einmischen und doch dient der GedankenBerg der Provokation, das heisst dem zielgerichteten Hervorlocken von Gedanken. Bleibt in Kontakt zum GedankenBerg und entdeckt das Umgraben im eigenen Hirn», so Gert Gschwendtner.
Im ParkRaum des GedankenBergs konnten die Eröffnungsgäste eine Innenraum-Version des Kunstwerks «ZUSAMMEN» betrachten. Diese Variante wurde geschaffen, um das Werk auf Reisen schicken zu können und damit die Idee des GedankenBergs über seine Grenzen hinaus zu vervielfältigen.
Neben den künstlerischen Beiträgen zeigte sich der GedankenBerg am Storchenbüel in Sevelen, auf dessen Rundweg sich 18 Stationen befinden, passend zum Frühlingsbeginn von seiner schönsten Seite. Die ersten zarten Schlüsselblumen und andere Frühlingsboten verliehen der Installation «ZUSAMMEN» und dem Rundweg eine natürliche und lebendige Kulisse. Besucher konnten die einzigartige Verbindung von Natur und Kunst auf dem Rundweg erleben und sich von der besonderen Atmosphäre inspirieren lassen.
Die Veranstaltung endete mit angeregten Gesprächen unter den Besuchern, die sich noch lange mit dem gezeigten Werk und den angestossenen Gedanken auseinandersetzten. Der GedankenBerg bleibt somit auch in dieser Saison, in der er sein 10-jähriges Bestehen feiert, ein Ort des Austauschs, der Reflexion und der kreativen Auseinandersetzung mit Kunst und Gesellschaft.
Der Kunstpark GedankenBerg ist jährlich vom 1. April bis zum 1. November von 9:00 bis 20:00 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich und lädt alle Interessierten ein, Kunst und Natur in einem einzigartigen Zusammenspiel zu erleben.
Kulturstiftung GedankenBerg: www.gedankenberg.ch
Quelle: © GedankenBerg, Gert Gschwendtner, exclusiv / Fotos: © exclusiv