Langfristiger Vermögenserhalt – Die Bedeutung von Vermögensstrukturen heute und in Zukunft
I.D. Gisela Bergmann, Prinzessin von und zu Liechtenstein, ist seit 2022 CEO von Industrie- und Finanzkontor Etablissement
Im Interview mit Silvia Abderhalden spricht I.D. Gisela Bergmann, Prinzessin von und zu Liechtenstein, über Entwicklungen im Vermögensbereich und zieht dabei den Bezug zum liechtensteinischen Treuhandwesen und dem langfristigen Vermögenserhalt.
Kurzinformation zur Interviewpartnerin: I.D. Gisela Bergmann, Prinzessin von und zu Liechtenstein, ist seit 2022 CEO und geschäftsführende Verwaltungsrätin von Industrie- und Finanzkontor Etablissement, einem unabhängigen liechtensteinischen Treuhandunternehmen mit Tradition und Expertise im langfristigen und generationen-übergreifenden Vermögenserhalt (Wealth Preservation) – insbesondere für Familien und Unternehmer, www.iuf.li.
Silvia Abderhalden: Wie wichtig ist es für Anleger und Unternehmer heute, Strategien zum Vermögenserhalt zu entwickeln, insbesondere vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Unsicherheit und Volatilität?
I.D. Prinzessin Gisela: Der Bedarf an Vermögenserhalt ist ein grundlegendes Anliegen, das sich insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und erhöhter Volatilität verstärkt. Vermögenserhalt steht komplementär zur reinen Vermögensverwaltung und setzt einen Schritt vorher an. Er beinhaltet beispielsweise die Strukturierung von Vermögen, dessen langfristige Sicherung vor externen und innerfamiliären Risiken, die langfristige Zweckdefinition für ein Vermögen und die vorausschauende Weitergabe an zukünftige Familiengenerationen. Die Welt ist geprägt von geopolitischen Spannungen, wirtschaftlichen Unsicherheiten und gesellschaftlichen Belastungen. Strategien zum Vermögenserhalt bilden ein Instrument, um mit den daraus resultierenden Unwägbarkeiten umgehen zu können. Bei der Gestaltung von Vermögenserhaltungsstrategien spielt das langfristige Denken, oft in mehreren Generationen, eine entscheidende Rolle.
Welche Rolle spielen verschiedene Vermögensklassen (z. B. Aktien, Anleihen, Immobilien, Rohstoffe usw.) beim Aufbau einer diversifizierten Vermögensstruktur zur Risikominimierung?
Beim langfristigen Vermögenserhalt, der meist mehrere Generationen berücksichtigt, sollten Anleger sich nicht nur auf bestimmte Vermögensklassen und Risiken fokussieren. Die langfristigen Chancen sind mindestens so relevant. Bei der Gestaltung einer diversifizierten Vermögensstruktur spielen verschiedene Vermögens- klassen eine entscheidende Rolle. Alternative Vermögensklassen wie etwa Grundstücke, Ländereien und Immobilien aber auch Kunst oder Rohstoffe wie Gold bieten gute langfristige Perspektiven. Die Qualität ist von entscheidender Bedeutung.
Zusätzlich zu finanziellen Aspekten gilt es aber auch, immaterielle Werte wie etwa die Erziehung der nächsten Generation oder die Weitergabe von Familienwerten zu berücksichtigen. Dieser Fokus spielt bei langfristigen Vermögenserhaltungsstrategien eine grosse Rolle. Immaterielle Werte können langfristig dazu beitragen, die finanzielle Sicherheit und den Erfolg einer Familie zu gewährleisten. Und es gilt, auch interne Risiken miteinzubeziehen. Interne Risiken können beispielsweise durch Scheidung, familiäre Streitigkeiten, Untätigkeit oder Verschwendungssucht entstehen.
Wie hat sich die Bedeutung von Vermögensstrukturen im Laufe der Zeit verändert, und welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich für Anleger in der heutigen dynamischen Wirtschaftswelt?
Unser Unternehmen steht seit 75 Jahren im Dienst von Familien und Unternehmern. Das Grundbedürfnis, Vermögen schützen und erhalten zu wollen, hat sich nicht verändert. Jedoch hat sich in den letzten 75 Jahren die Art und Weise erheblich verändert, wie Vermögensstrukturen gestaltet und verwaltet werden müssen. Diese Veränderung ist nicht nur auf wirtschaftliche Entwicklungen zurückzuführen, sondern auch auf das Zusammenspiel mit der globalen Umwelt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren nationale Gesetze massgebend für eine Vermögensstrukturierung und Vermögensverwaltung. Heutzutage sind internationale Standards richtungsweisend und beschränken Eigentumsrechte. Die Wertschätzung der Privatsphäre nimmt ab und die Beweis- und Auskunftsnotwendigkeit gegenüber dem Staat zu. Solche Entwicklungen wirken sich auf die Vermögensstrukturierung aus. Es ist daher von grosser Bedeutung, eine professionelle Vermögensstrukturierung zu verfolgen, die die gegenwärtigen Rahmenbedingungen berücksichtigt und gleichzeitig die Flexibilität bewahrt, um zukünftigen Veränderungen entsprechen zu können.
Eine Vermögensstruktur sollte nie allein von aktuellen Trends oder Gegebenheiten geleitet werden, sondern sich über Generationen hinweg anpassen können. Dann kann sie dem Anspruch des langfristigen Vermögenserhalts gerecht werden. Wirtschaft und Industrie haben in den letzten 15 bis 20 Jahren erhebliche Veränderungen erlebt, Vorschriften und Regularien haben dabei eine wegweisende Rolle gespielt. Entsprechend müssen auch Vermögensstrukturen naturgemäss den sich ändernden Anforderungen und Vorschriften gerecht werden.
Welche Relevanz spielen Technologie und Digitalisierung bei der Gestaltung von Vermögensstrukturen und der Erhaltung von Vermögen in der Zukunft?
Technologie und Digitalisierung spielen in der heutigen Vermögensverwaltung eine entscheidende Rolle. Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung von Blockchain-Technologie zur Sicherung von Eigentumsrechten. In diesem Zusammenhang können digitale Tokens in liechtensteinische Vermögensstrukturen eingebracht werden.