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«Ist Bildung ein öffentliches oder privates Gut? Wer profitiert von Bildung?»

«Ist Bildung ein öffentliches oder privates Gut? Wer profitiert von Bildung?»

«Ist Bildung ein öffentliches oder privates Gut? Wer profitiert von Bildung?»

Vaduz, 17.02.2025 – Bildung ist eine der zentralen Säulen jeder Gesellschaft – doch wem gehört sie eigentlich? Ist sie ein öffentliches Gut, das von Staaten verwaltet werden muss, oder ein privates Gut, das durch Innovation, Wettbewerb und individuelle Verantwortung vorangetrieben wird? Diese Frage ist keineswegs neu, sondern zieht sich durch die Geschichte und prägt bis heute Bildungsdebatten weltweit.

Ein Blick in die Geschichte

Schon in der Antike war Bildung eine exklusive Angelegenheit. Platons Akademie und Aristoteles' Lyzeum waren keine öffentlichen Institutionen, sondern private Lehrstätten für meist eine privilegierte Elite. Im Mittelalter waren es Klöster und Universitäten, die Wissen bewahrten und vermittelten, oft ohne staatliche Lenkung. Erst im 19. Jahrhundert entstand die Idee einer staatlich organisierten Schulbildung, die vor allem in Preussen Pionierarbeit leistete und später als Vorbild für viele Länder diente.

Bildung heute – Ein hybrides System

In der Gegenwart existiert ein Nebeneinander von öffentlichen und privaten Bildungsmodellen. Länder wie Finnland zeigen, dass ein stark reguliertes, staatlich finanziertes Bildungssystem hohe Qualität liefern kann. Gleichzeitig erleben wir mit Homeschooling in den USA, privaten Universitäten oder digitalen Bildungsplattformen wie Coursera und Khan Academy eine wachsende Vielfalt dezentralisierter Alternativen.

Der Vernon Smith Prize – Denkanstösse für die Zukunft

Der in Vaduz ansässige, liberale Think Tank European Center of Austrian Economics Foundation (ECAEF) verlieh am Montagabend im Rathaussaal von Vaduz feierlich den siebzehnten Vernon Smith Prize. Studierende aus aller Welt nahmen am diesjährigen Essay-Wettbewerb teil und setzten sich intensiv mit der zentralen Fragestellung auseinander:

«Ist Bildung ein öffentliches oder privates Gut? Wer profitiert von Bildung?»

Angesichts dieser Entwicklungen lud das European Center of Austrian Economics Foundation (ECAEF) junge Studierende weltweit dazu ein, sich dieser essenziellen Frage in einem Essay-Wettbewerb zu widmen. Die besten Beiträge wurden von einer renommierten Jury ausgezeichnet und bei einer feierlichen Zeremonie in Vaduz geehrt.

Nach der Begrüssung durch S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein hielt Prof. Dr. Philipp Bagus, Universität Rey Juan Carlos in Madrid das Einstiegsreferat: «Bildung als subjektives Gut».

Nachdem die vier Preisträger ihre Essay vorgestellt hatten, wurden Ihnen durch S.D. Prinz Philipp von und zu Liechtenstein die Preise und Auszeichnungen übergeben. 

Bildung bleibt ein Schlüsselelement für Innovation, Wohlstand und individuelle Entfaltung. Doch wie kann sie am effizientesten organisiert werden? Die Antwort darauf könnte die Zukunft unserer Gesellschaft massgeblich prägen.

Marcos Lüdy (Argentinien)

Marcos Lüdy (Argentinien)

Marcos Lüdy (Argentinien)

Marcos Lüdy erläutert in seinem Essay die unterschiedlichen Herangehensweisen an Bildung und den Unterschied zum Lernen. Während Bildung eine reine Dienstleistung darstelle, entstehe aus dem Lernen ein Gut: das Wissen. Daraus ergibt sich laut Lüdy der Anspruch an die Methodik, wie Lernen in Bildungsinstitutionen ermöglicht und vermittelt werde. Wenn Bildung als öffentliches Gut betrachtet werde – wie dies im modernen Wohlfahrtsstaat der Fall ist – führe dies zur Idee, dass ein Anrecht auf Bildung bestehe, was dem Staat wiederum die Verpflichtung auferlege, die effektive Bereitstellung von Bildungsdienstleistungen zu gewährleisten und zu garantieren. Dagegen liessen sich jedoch zwei Einwände vorbringen: Erstens, etwas wie Bildung könne niemals ein Recht sein, weil es für seine Erfüllung notwendigerweise die Rechte anderer verletze, da dadurch ihr Eigentum reduziert werde, um die Kosten für die Bildung anderer zu decken. Zweitens, weil eine staatlich erzwungene Obligatorik, Überwachung und potenziell exklusive Bereitstellung von Bildung in einem nicht-kompetitiven Umfeld dem Prinzip der Freiheit in der Bildung zuwiderlaufe. Die Forschungsarbeiten von Tooley (1996a; 1996b) würden zeigen, dass staatlich geführte Bildungssysteme aufgrund mangelnder (wettbewerblicher) Anreize daran scheiterten, eine zufriedenstellende Bildungsleistungen zu erbringen, während freie und selbstverwaltete Systeme ein echtes Interesse an der Entwicklung der Schüler zeigen würden und auch müssten (aufgrund des Wettbewerbs). Deshalb sei es wichtig, die Vorteile eines rein privaten Bildungssystems hervorzuheben. Effiziente und vorteilhaftere Bildungsalternativen könnten nur durch freien Wettbewerb auf dem Bildungsmarkt entstehen.

Garret T. Molloy (USA)

Garret T. Molloy (USA)

Garret T. Molloy (USA)

Garret T. Molloy stellt in seinem Essay drei Thesen auf: Erstens, das derzeitige öffentliche Bildungsangebot charakterisiere Bildung als «meritorisches» Gut, das bestimmte erwünschte Dienste leiste bzw. leisten müsse. Diese Charakterisierung motiviere staatliche Eingriffe. Zweitens, führe das Angebot von kostenloser öffentlicher Bildung zumeist zu einem politisch voreingenommenen und ungenügenden Bildungsangebot. Im Vergleich zu privaten Angeboten käme kostenlose öffentliche Bildung den Verwaltern und Lehrergewerkschaften zugute, benachteilige jedoch die Konsumenten (Studenten), die diese betreuen müssten. Drittens, würde ein Bildungsangebot Schülern und Eltern mehrere Vorteile bringen, wenn ein Staat den Eltern das von Milton Friedman 1955 plädierte Gutscheinsystem in Form von Bildungsgutscheinen priorisieren würde.

Olivia Opitz (Deutschland)

Olivia Opitz (Deutschland)

Olivia Opitz (Deutschland)

Olivia Opitz geht in ihrem Essay der grundlegenden Frage nach, was Bildung überhaupt ist. Dabei greift sie die Definition der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung auf, wonach Bildung weit mehr als Schule, Ausbildung oder das Lesen von Informationen ist. Bildung wird hier (neben der schulischen Bildung) als Prozess der persönlichen Entwicklung, des praktischen und sozialen Lernens sowie der eigenen Freiheit und Verwertbarkeit der erworbenen Bildung verstanden. Diese Definition löse Bildung los vom schulischen oder universitären Kontext und verstehe sie als etwas, das allen Menschen gleichermassen zur Verfügung stehe. Demnach sei ein «gerechteres» und für alle zugängliches Bildungssystem essenziell, weil dadurch der soziale Zusammenhalt, die wirtschaftliche Stabilität und auch Innovation gefördert werden könne. Individuen würden durch Bildung von höherer persönlicher Freiheit und der Möglichkeit profitieren, ihr Wissen selbstbestimmt einzusetzen. Zudem sei Bildung ein globales Gut, das Wissenstransfer und internationale Zusammenarbeit ermögliche. Demnach wäre nach Ansicht von Olivia Opitz ein hybrider Ansatz zielführend, der öffentliche und private Bildungsinvestitionen kombiniere. Dadurch liessen sich der individuelle und der gesellschaftliche Nutzen maximieren und der Zugang sowie die Qualität der Bildung liessen sich verbessern.

Patrick Tecklenburg (Österreich)

Patrick Tecklenburg (Österreich)

Patrick Tecklenburg (Österreich)

Patrick Tecklenburg setzt sich in seinem Essay mit der vielfältigen Rolle der Bildung als privates, öffentliches und meritorisches Gut auseinander. Aufbauend auf den Rahmenwerken von Musgrave (1956) und Ostrom (2005) beleuchtet er die Doppelrolle von Bildung bei der Erzielung individueller Vorteile wie bspw. persönlicher Entwicklung, wirtschaftlichem Wohlstand, positiven gesellschaftlichen Spillover-Effekten, einschliesslich technologischer Fortschritte, zivilem Engagement und einer Verringerung von Ungleichheit. Die Erkenntnisse von Wilhelm von Humboldts Philosophie unterstreichen die Spannung, die zwischen individueller Freiheit (die den subjektiven Wert des Lernens bestimmt) und staatlich kontrollierter Bildung (bspw. bei öffentlichen Pflichtschulsystemen) herrsche. Dabei kommt Patrick Tecklenburg zum Schluss, dass Bildung als Investition zu verstehen ist, die nicht nur dem Individuum nützt, sondern der Gesellschaft an sich. So würde Bildung etwa in demokratischen Gesellschaften zu einer höheren Bürgerbeteiligung und demokratischer Partizipation führen, etwa bei Wahlen, der Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlicher Organisation. Er schliesst seine Ausführungen mit der Erkenntnis, dass alle Beteiligten – politische Entscheidungsträger, Pädagogen und der gesamte gesellschaftliche Diskurs – von einer nuancierten Sicht der Bildung profitieren würden, indem die privaten Vorteile, die öffentliche Verantwortung und die Spannungen beider Bildungssysteme effektiver gestaltet werden. Wenn Bildung umsichtig gehandhabt werde, könne sie eine starke Kraft sowohl für die persönliche Befähigung als auch den kollektiven Fortschritt bilden.

Fotogalerie – Vernon Smith Prize

Fotogalerie – Vernon Smith Prize

European Center of Austrian Economics Foundation (ECAEF) ist ein liberaler Think Tank mit Sitz in Vaduz/Liechtenstein. ECAEF begrüsst die Tradition der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und fördert durch verschiedene Aktivitäten das Verständnis dieser sozioökonomischen Theorie. ECAEF steht für Eigenverantwortung, freie Marktwirtschaft und ein sinnvolles Mass an staatlichen Aktivitäten und möchte die Öffentlichkeit zur positivkritischen Auseinandersetzung mit verschiedenen gesellschaftsrelevanten Themen bewegen. ECAEFs Ziel ist, alternative Lösungsmöglichkeiten für Probleme unserer Zeit aufzuzeigen. 

Der Vernon-Smith-Prize ist nach Vernon L. Smith, Professor am Economic Science Institute der Chapman University in Orange, Kalifornien (USA), benannt. Smith war gemeinsam mit D. Kahneman der Gewinner des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften des Jahres 2002. Smith gilt weltweit als der Begründer der Behavioral Finance und Experimental Economics. Er ist einer der führenden Vertreter der 6. Generation der Austrian School of Economics. Smith arbeitet im Gremium des internationalen akademischen Beirates am ECAEF mit und steht den Ideen des Think Tanks sehr nahe. Der Vernon Smith Prize ist ein Wettbewerb für junge Studierende und wird für Arbeiten vergeben, die im wissenschaftlichen Ansatz der Österreichischen Schule der Nationalökonomie verfasst werden. 

Fotos: © exclusiv / Text: © exclusiv und ECAEF

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